Gemeinsames Projekt kommt nicht zustande – die Weinbaugenossenschaft ist aufgelöst

Ein Teil der ehemaligen Genossenschaftler gründet eine Aktiengesellschaft. Produziert wird künftig in Würenlingen.

Christian Steimer am Wettkampf der Schweizer Meisterschaft. zVg

Christian Steimer am Wettkampf der Schweizer Meisterschaft. zVg

Meinrad Steimer in seinem Weingut in Wettingen. Archiv

Meinrad Steimer in seinem Weingut in Wettingen. Archiv

«Die Idee, dass alle Wettinger Weinproduzenten gemeinsam ein Projekt in Wettingen realisieren, kommt nicht zustande», sagt Meinrad Steimer vom Meinrad Steimer Weinbau. «Leider», fügt er an. Steimer war Mitglied der Weinbaugenossenschaft und zugleich Kellermeister. Zudem bewirtschaftet seine Firma rund drei der fünfzehn Hektaren Rebland in Wettingen. Seine gekelterten Weine wurden mehrfach ausgezeichnet.

Auch Christian Steimer, Sohn von Meinard Steimers Cousin Paul Steimer und Inhaber von Steimer Weinbau, bedauert, dass ein Zusammenspannen der Wet- tinger Weinproduzenten nicht zustande gekommen ist. Sein Vater war ebenfalls Mitglied der Genossenschaft, die an der Generalversammlung am 24. Mai aufgelöst wurde. Zurzeit läuft die Liquidation. Ein Teil der Genossenschaftler hat die Absicht erklärt, im Spätsommer eine Aktiengesellschaft zu gründen. Doch nicht alle: Rund ein Viertel will nicht mitmachen. Und der Wein wird künftig nicht mehr in Wettingen, sondern in Würenlingen bei der Firma Andreas Meier & Co. gekeltert. «Andreas Meier wird sich an der neuen Firma beteiligen und von der Kelterung bis zur Vermarktung die ganze Produktion übernehmen», so Meinrad Steimer. Der Firmensitz und das Verkaufslokal der neuen Firma bleiben weiterhin an der Wettinger Rebbergstrasse 32.

Bisher haben die 20 Weinproduzenten der Weinbaugenossenschaft ihre Trauben nach der Ernte in die Trotte vom Steimer Weinbau geliefert. Dort wurden sie gekeltert und von der Trotte in den Keller zu Meinrad Steimer Weinbau gepumpt. Meinrad Steimer stelle daraus den Wein her und füllte ihn ab. Teilweise wurden die Flaschen auch dort gelagert und verkauft. Ein Grossteil musste aber auswärts untergebracht werden. «Eine solche Betriebsführung ist nicht mehr zeitgemäss und rentabel», so Meinrad Steimer. Zur nicht idealen dezentralen Lage und der nicht professionellen Logistik kam hinzu, dass Kellermeister Meinrad Steimer mit 58 Jahren innerhalb seiner Familie keine Nachfolge hat.

Zudem habe es strukturelle Probleme innerhalb der 68-jährigen Genossenschaft gegeben: «Es gab Wildwuchs, die eigenen Genossenschaftler haben sich mit ihren Weinen teilweise konkurrenziert», sagt Genossenschaftspräsident Roli Michel. Das Weinangebot habe sich in den letzten 20 Jahren massiv vergrössert. Wegen der starren Vorgaben in den Genossenschafts-Statuten konnte aber nur Pinot Noir produziert werden. Auch die Vermarktung sei aufgrund der Wettbewerbssituation immer wichtiger geworden. «Für den Vorstand war es schlicht weg nicht mehr möglich, diese Vermarktung aus eigener Kraft zu machen», so Michel.

Seit Jahren sei die Genossenschaft deshalb auf der Suche nach einer zeitgemässen Lösung, wo die ganze Produktionskette inklusive Logistik, Bestellung, Vermarktung und Buchhaltung professionell aus einer Hand angeboten werden kann.

«Ich hätte gerne die Kellerei übernommen», sagt Christian Steimer. Seine Firma sucht seit längerem einen neuen, grösseren Standort, wo sämtliche Kellerarbeiten unter einem Dach durchgeführt werden können. Der 30-jährige Wet- tinger ist ausgebildeter Winzer, holte vor drei Jahren in dieser Funktion den Schweizer-Meister-Titel und seine «Lägere-Perle» wurde soeben zum Staatswein gekürt. Er habe sein Interesse bekundet, jedoch unter der Bedingung, nicht für den Verkauf verantwortlich zu sein.

«Wir hätten den Steimer Weinbau gerne in die neue Firma integriert, jedoch nicht nur als Lohnkelterer, sondern als Teil der neuen Firma», sagt Michel. Dies kam nicht zustande. Stattdessen kommt das Dienstleistungszentrum von Andreas Meier & Co. in Würenlingen zum Zug. Die Wet- tinger Trauben werden ab nächstem Jahr von dort aus weiterverarbeitet. Von Würenlingen aus läuft auch die gesamte Administration.

Steimer Weinbau wird sich nicht an der neuen Firma beteiligen. «Ich bin Winzer und will meinen Wein selber produzieren», argumentiert Christian Steimer.

Anders Meinrad Steimer. Er will seine Weine in die neue Firma integrieren, den Rebbau behält er. Mit der Auflösung der Genossenschaft hat er auch sein Amt als Kellermeister abgegeben, wird die Arbeit aber bis zur vollständigen Liquidation weiter ausführen. Das kann mehrere Jahre dauern. Ganz gibt er die Vinifizierung aber auch danach nicht auf: Er wird während der Kelterung zwar nicht mehr hinter den Maschinen stehen, die Weinherstellung in Würenlingen jedoch bis zur Abfüllung begleiten.

Für den Konsumenten wird sich nicht viel ändern. Wenn er will, kann er sich sogar als Kleinaktionär an der neuen Firma beteiligen. «Bereits über 100 Personen haben ihr Interesse dafür bekundet», so Michel. Auch der Wettinger «Räbhüslisonntig» wird trotz Liquidation der Genossenschaft weiterbestehen. Am 30. Juni wird er zum zwanzigsten Mal durchgeführt. «Diesmal sogar mit einer Wanderung durch den Wettinger Rebberg» so Meinrad Steimer.

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