Vom Abgrund in Basketball-Olymp

«Basketball hat mich gerettet», sagt der Spreitenbacher Michael Burtscher, der heute bei den philippinischen B-Meg - Llamados spielt.

Der Spreitenbacher in voller Aktion in seiner derzeitigen Basketballmannschaft B-Meg Llamados. Fotos: zVg

Der Spreitenbacher in voller Aktion in seiner derzeitigen Basketballmannschaft B-Meg Llamados. Fotos: zVg

Michael Burtscher

Michael Burtscher

Michael Burtscher war 14, als sein Leben auf den Kopf gestellt wurde. Eines Tages kam der Spreitenbacher von der Schule nach Hause und fand die Wohnung leer vor. Seine Mutter war weg. «Am Morgen hatte sie mir noch Frühstück gemacht, dann war sie plötzlich nicht mehr da. Weg, ohne ein Wort», erinnert sich der 27-Jährige.

Für Burtscher war dieser Moment der Beginn einer Abwärtsspirale, aus der er so rasch nicht wieder herauskommen sollte. «Ich machte viele Dinge, auf die ich heute nicht stolz bin», erzählt er mit gebrochener Stimme. Zu seinem Stiefvater hatte der Halb-Filipino keine gute Beziehung. In die gemeinsame Wohnung kam er kaum zurück, lebte bei Freunden. Jeden Tag spielte er mit ihnen beim Schulhaus Boostock bis in die Nacht hinein Basketball. «Das Spiel liess mich alle Sorgen und Probleme vergessen», sagt er heute. Die Faszination am Basketball war für Burtscher so gross, dass er der Mannschaft von ABB Schweiz (heute Alstom) beitrat. Später wechselte er nach Zürich in die 1. Liga und schaffte bei den Zurich Wildcats schliesslich den Einstieg in die Nationalliga B – der Anfang einer kometenhaften Karriere.

«Basketball hat mich gerettet», sagt Burtscher heute. Der ehemalige Problemjunge ist zu einem Basketballer geworden, um den sich die Teams reissen. Nicht hier in der Schweiz, sondern auf den Philippinen, der Heimat seiner Mutter. Dass er heute bei den B-Meg Llamados spielt, einer Topmannschaft der philippinischen Basketballiga, war Zufall. «Eines Tages hatte ich genug», sagt Burtscher. Von einem Tag auf den nächsten brach er seine Lehre zum Plattenleger ab. Freunde halfen ihm, ein Flugticket in die Phi-lippinen zu bezahlen. An Silvester 2004 stieg er in den Flieger nach Manila und machte sich auf die Suche nach seiner Mutter.

Die Wiedervereinigung war nicht sehr emotional. «Es war keine Verbindung da zwischen uns», sagt Burtscher. In den sieben Jahren, in denen sie weg gewesen war, sei viel passiert. «Den Menschen, der da vor mir stand, kannte ich kaum.» Durch tägliche Spaziergänge mit langen Gesprächen näherten sich Mutter und Sohn dann wieder an. Heute besucht der Schweizer, der mittlerweile selbst auf den Philippinen lebt, seine Mutter, wann immer es geht.

Während seines Aufenthalts sah er sich mit einem Verwandten ein Trainingsspiel einer philippinischen Basketballmannschaft an. Nach dem Spiel durfte jeder aufs Feld und selbst ein paar Bälle spielen. Dort wurde Burtscher entdeckt und sogleich unter Vertrag genommen.

Kurz darauf zerbrach seine Karriere aber fast an einem Bänderriss. Die Mannschaft wollte die Therapiekosten nicht übernehmen und Burtscher konnte sie sich nicht leisten. Ein gutherziger Arzt zahlte ihm die gesamte Therapie schliesslich aus der eigenen Tasche. Glücklicherweise: «Ich hatte Basketball damals schon aufgegeben.» Dank der Hilfe des Arztes stieg Michael Burtscher 2009 in die Profiliga bei den Alaska Aces ein, gewann mit der Mannschaft 2010 den Meistertitel und wechselte ein Jahr später zu den B-Meg Llamados, mit denen er auch jetzt wieder im Final steht. «Mir haben sich Türen auf Wegen geöffnet, die ich mir heute noch nicht erklären kann», sagt der gläubige Christ und dankt Gott für sein Talent: «Ohne den Sport wäre ich ziemlich sicher auf die schiefe Bahn geraten.»

Weitere Artikel zu «Spreitenbach», die sie interessieren könnten

Spreitenbach24.04.2024

Primi Piatti für das Heim(at)gefühl

Sie sind zum Arbeiten oder auf der Flucht in die Schweiz gekommen: Seniorinnen und Senioren mit Migrationshintergrund. Die zunehmende Diversität stellt…
Spreitenbach17.04.2024

Wenn Verstand und Herz sich streiten

Spreitenbach17.04.2024

Verstopfte Leitungen

Abfälle, die in die Toilette geworfen und so ins ­Abwasser gespült werden, sorgen regelmässig für ­Verstopfungen.