Religiöse Botschaften im Wald

Im letzten Herbst tauchten sie erstmals auf im Spreitenbacher Wald. Seither kehren die religiösen Karten, kaum sind sie weggeräumt, wie von Geisterhand zurück.

Ein Unbekannter legt laminierte Postkarten von religiösem Inhalt, mit einem Stein beschwert, im Spreitenbacher Wald auf Bänkchen. Zum Beispiel an der Feuerstelle bei der Waldhütte. Foto (nachgestellt): Mü
Ein Unbekannter legt laminierte Postkarten von religiösem Inhalt, mit einem Stein beschwert, im Spreitenbacher Wald auf Bänkchen. Zum Beispiel an der Feuerstelle bei der Waldhütte. Foto (nachgestellt): Mü

Wetterfest laminiert liegen die Postkarten im ganzen Spreitenbacher Wald verteilt auf Bänkchen. Damit sie nicht vom ersten festen Windstoss davongeblasen werden, sind sie mit einem Stein beschwert. «Wenn Jesus Christus euch frei macht, werdet ihr wirklich frei sein»: Dieser Vers aus dem Johannes-Evangelium steht auf einer derjenigen Karten, die von den Forstarbeitern weggeräumt wurden. Über hundert dürften es inzwischen sein. Doch es ist eine Sisyphusarbeit: «Kaum haben wir eine entfernt, liegt an gleicher Stelle schon eine neue», sagt Revierförster Peter Muntwyler. «Es ist militant: auf jedem Bänkli, an jeder Feuerstelle, an jedem Platz. Laminiert. Stein drauf.»

Dabei geht es ihm überhaupt nicht um den Inhalt der Karten: «Nichts gegen Religion, aber es ist nicht der richtige Weg.» Denn es ist klar: Papier und Plastik sind ebenso wie Karton, Gummi, Verpackungen oder Flaschen Kehrichtabfälle. Und Kehrrichtabfälle gehören nicht in den Wald. «Ob die Kärtchen für Socken, Religion oder Milch werben», spielt Muntwyler keine Rolle.

Gesehen haben die Forstleute den unbekannten Botschafter, der die Karten weitläufig im Wald verteilt, noch nie. Von dritter Seite haben sie erfahren, dass es sich um einen Mann handelt. «Wir finden diesen Menschen nicht», sagt Muntwyler, «wenn ich wüsste, wer es ist, würde ich mit ihm reden.» Vermutlich sei er sich nicht bewusst, dass er den Wald verschmutzt, glaubt Muntwyler. Gut möglich auch, dass er jedes Mal, wenn eine Karte fortgeräumt wird, meint, einen erfreuten Empfänger erreicht zu haben. Muntwyler wollte deshalb auch nicht gleich eine Anzeige gegen unbekannt machen, sondern gelangte mit dem Anliegen an die Limmatwelle. Er hofft, dass sich der Unbekannte durch die Publikmachung besinnt bzw. von Dritten darauf hingewiesen wird.

Auch beim Verleger der Karten hatte Muntwyler schon angefragt, ob man dort von Lieferungen nach Spreitenbach wisse. Man wusste von nichts.

Die Karten können kostenlos bei dem in der hessischen Gemeinde Eschenburg ansässigen Verein «Verbreitung der heiligen Schrift» angefordert werden. Auf seiner Homepage bezeichnet er sich selbst als eine «über­konfessionelle Bibel- und Schriftenmission», die vor über 40 Jahren mit ihrer Arbeit begonnen habe. Auf den Karten selbst ist aufgedruckt: «Garantie: Keine Sekte, keine Mitgliedschaft.»

Förster Muntwyler will noch auf einem anderen Weg versuchen, an den ominösen Unbekannten zu gelangen: «Wir werden jetzt selbst kleine Kärtchen machen und sie dazulegen – auch laminiert.» Ihre Botschaft soll sein: Denk nochmals darüber nach, was du machst!

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