Nun braucht es Lösungen

Es fehlt an sicheren Begegnungsräumen für Kinder und Jugendliche – dies eines der Fazite der Situationsanalyse von «Chance Spreiti». Nun will die Steuergruppe Lösungen suchen.
«Ich wünsche mir weniger Probleme unter Jugendlichen», sagt eine 16-Jährige; drei andere Jugendliche möchten, «dass weniger in Ausländer und Schweizer unterteilt wird». Zwei Kinder bedauern, dass es keine Hausaufgabenhilfe mehr gibt, ein anderes Kind, dass sich der Elternverein aufgelöst hat. Dies alles sind Antworten der 11 Kinder, 19 Jugendlichen und 17 Erwachsenen, die im Rahmen der Erstellung einer Situationsanalyse im Frühjahr befragt worden sind.
Die Erfassung des Ist-Zustands bildet die Grundlage, um Förderungsmassnahmen zu finden, damit Kinder und Jugendliche in Spreitenbach «gesund» aufwachsen können. Das ist nämlich das Ziel der Initiative «Chance Spreiti», die vor einem Jahr von der Gemeinde lanciert wurde. Damals hatten Lehrpersonen Alarm geschlagen und sich über unhaltbare Zustände beklagt.
«Wer das Gefühl hat, es sei ruhig, der täuscht sich», sagte Schulleiter Roger Stiel im September, als die Ergebnisse der Analyse präsentiert wurden. Viele Schülerinnen hätten mentale Probleme, kürzlich habe es eine Schlägerei gegeben, acht Schüler seien auf einen Einzelnen losgegangen. Die Entwicklung der Kinder beim Schuleintritt sei verzögert, Erziehungsaufgaben würden an die Schule übertragen. Als Abbild der Gesellschaft beschrieb Stiel die Situation.
Kinder und Jugendliche miteinbeziehen
Johannes Küng von der Hochschule Luzern hat die Ist-Analyse erstellt. In Spreitenbach fehle es Kindern und Jugendlichen an attraktiven, sicheren und verbindenden Begegnungsräumen. Öffentlich zugängliche Orte wie Spielplätze oder Schulanlagen würden kaum soziale Kontakte fördern, stattdessen prägen Gewalt- und Konflikterfahrungen sowie der Verlust von Treffpunkten das Bild. Viele meiden deshalb öffentliche Räume. Zwar werden punktuelle Angebote wie Bibliothek, Jugendtreff oder Mütter-/Väterberatung geschätzt, doch insgesamt gebe es zu wenig Räume für Unterstützung, Begegnung und informelles Lernen.
Freiwilliges Engagement sei zwar vorhanden, bleibe aber oft unsichtbar und finde mangels geeigneter Rahmenbedingungen zu wenig Entfaltung. Als Handlungsempfehlung schlug Küng vor, öffentliche Räume, punktuelle Begleitung und neue Jugendangebote auszubauen. Zudem sollen Unterstützungsangebote wie Lernräume, Elternbildung und Kinderbetreuung gestärkt, freiwilliges Engagement gefördert sowie der partizipative Prozess mit Kindern und Jugendlichen weitergeführt werden. Vor allem aber müssten die Kinder und Jugendlichen einbezogen werden – am Workshop waren ausschliesslich erwachsene Fachpersonen, Politiker sowie Vertreter von Vereinen und Institutionen anwesend. «Wenn die Kinder und die Jugendlichen nicht miteinbezogen werden, funktioniert es nicht.»
Wie weiter?
Während die Arbeit für Küng mit dem Fertigstellen der Analyse beendet ist, trifft sich die Steuergruppe im Oktober wieder. Bis im Februar wollen sie Lösungen erarbeiten und Massnahmen bestimmen, die anschliessend in Teilprojekten umgesetzt werden. Organisationsentwicklerin Lucia Steinbach leitet die Steuergruppe, der auch Gemeinderat Adrian Mayr, Verwaltungsleiter Patrick Geissmann, Schulleiter Roger Stiel und die Leiterin der Abteilung Gesellschaft und Soziales, Belinda Turnell, angehören. Die Gemeinde hat fürs Projekt «Chance Spreiti» im 2023 einen Nachtragskredit von 30 000 Franken bewilligt. Zudem wurde ein Subventionsgesuch an denKanton gestellt, der sich danach bereit erklärt hat, sich mit maximal 53 000 Franken an den Kosten zu beteiligen.
«Man muss die Probleme erkennen und behandeln, aber auch das Potenzial sehen», gab Küng den 22 Anwesenden bei der Präsentation der Situationsanalyse mit auf den Weg. Dass sich so viele Menschen fürs Projekt und somit für die Kinder und Jugendlichen engagieren, habe ihn beeindruckt und positiv gestimmt. Er wünschte den Anwesenden «alles Gute im herausfordernden, aber auch spannenden Umfeld – es kommt gut!»