Vor der Neuwahl wird in Spreitenbach die Struktur geprüft

Der Gemeinderat will eine Reorganisation von Gemeinderat und Verwaltungsleitung vornehmen. Deshalb verzögert sich die Ersatzwahl des Präsidenten und eines Mitglieds des Gemeinderats.

Die Ersatzwahl des Gemeindepräsidenten soll im März 2021 stattfinden. CHMedia/Archiv
Die Ersatzwahl des Gemeindepräsidenten soll im März 2021 stattfinden. CHMedia/Archiv

Drei Wochen nachdem der parteilose Gemeinderat Marcel Lang zum Präsidenten gewählt wurde, trat er am 8. Juni überraschend zurück. Er begründete den Rücktritt mit der ausserordentlichen Belastung. Für weitere Stellungnahmen war Lang seither nicht mehr zu erreichen. In den Gemeinderatsnachrichten vom 12. Juni liess der Gemeinderat vernehmen, dass er «über das weitere Vorgehen und die Anordnung der Ersatzwahl» noch befinden werde. Das hat er nun getan. Vergangene Woche erläuterte er in einer Medienmitteilung, dass er nicht einfach einen Ersatz wählen lassen will, sondern eine Reorganisation von Gemeinderat und Verwaltung vorsieht. Begründet wird dies in der Mitteilung mit «den gemachten Erfahrungen, aber auch aufgrund des anhaltenden Gemeindewachstums und einer stetigen Professionalisierung aller Berufs- und Verwaltungsbereiche.» Der Gemeinderat habe sich seit geraumer Zeit Gedanken über die Organisation von Gemeinderat und Verwaltung sowie über nötige Anpassungen gemacht und jetzt ein Vernehmlassungsverfahren bei der Finanz- und Geschäftsprüfungskommission sowie den Ortsparteien in Auftrag gegeben. 

Spreitenbach ist eine der grössten Aargauer Gemeinden 

Aufgrund der Lage, des Entwicklungspotenzials und der Gemeindegrösse rechnet der Gemeinderat mit einer Zunahme von Sachgeschäften und Pensen. Hingegen geht der Gemeinderat nicht von einer relevanten Zunahme an strategischen Entscheiden aus. Um den Gemeinderat zu entlasten, sei schon in den letzten Jahren das bestehende Delegations- und Kompetenzenreglement erweitert worden. Darin sei eine grosse Anzahl an Entscheiden direkt der Verwaltungsstufe zugewiesen worden. «Die gemachten Erfahrungen sind sehr gut und die so gefällten Entscheide geniessen grosse Akzeptanz», schreibt der Gemeinderat. Nachdem die überwiegende Anzahl an Sachgeschäften bereits auf Verwaltungsstufe geklärt wird, soll die bisherige Anzahl von fünf Gemeinderäten weitergeführt werden. 

Das derzeit bestehende Führungsmodell mit Verwaltungsleiter erachtet der Gemeinderat als gut. Der im Vollzeitpensum tätige Gemeindepräsident amtete als Verwaltungsleiter und Personalchef. «Schwachpunkt in diesem System ist, dass der Verwaltungsleiter via Volkswahl zum Gemeindepräsidenten erkoren wird und kein verbindliches Anforderungsprofil vorgeschrieben werden kann», so der Gemeinderat. Bei einer Gemeindegrösse von mehr als 12000 Einwohnern mit rund 150 Gemeindeangestellten wertet er diese «Rekrutierungsform» als nicht mehr zeitgemäss und sachgerecht. Er schlägt vor, einen Verwaltungsleiter anzustellen. Dieser soll auch als Personalchef fungieren, die Umsetzung der strategischen Entscheide überwachen, in Absprache mit Gemeinderat und Verwaltungsabteilungen strategische Entscheide für den Gemeinderat vorbereiten und die operative Führung des Gesamtbetriebes wahrnehmen. 

Aufgrund dieser Ausgangslage sei es notwendig, eine Aufgabenteilung zwischen der Tätigkeit des Verwaltungsleiters und dem Amt des Gemeindepräsidenten vorzunehmen. Künftig soll der Gemeindepräsident die Priorität auf die Begleitung strategischer Aufgaben und Entscheide, auf repräsentative Verpflichtungen, auf den Austausch unter den Bezirksgemeinden und relevanten Institutionen setzen. Auch künftig seien diese Aufgaben des Gemeindepräsidenten nicht im Nebenamt mit einem Pensum von unter 50 Prozent zu erfüllen. Deshalb sei keine Anpassung des «Reglements über die Tätigkeit und Besoldung des Gemeinderates», sondern ein Stellenantrag für den neuen Verwaltungsleiter zuhanden der Einwohnergemeindeversammlung nötig. 

Nach der Reorganisation sollen im März Ersatzwahlen stattfinden

Bevor die Ersatzwahlen stattfinden, soll also geklärt werden, ob die zukünftige Funktion des Gemeindepräsidenten auf die Unterstützung eines ausgebildeten Verwaltungsleiters zählen kann oder nicht. So können interessierte Personen entscheiden, ob sie sich portieren lassen und zur Wahl stellen oder nicht, begründet der Gemeinderat. 

Zur geplanten Reorganisation hat der Gemeinderat ein Vernehmlassungsverfahren eröffnet. Nach dessen Abschluss erfolgt die Bereinigung und Konkretisierung der Aufgabenteilung zwischen Verwaltungsleiter und Gemeindepräsident. An der Wintergmeind am 1. Dezember soll ein entsprechender Stellenantrag mit einer zusätzlichen Vollzeitstelle beantragt werden. Der Entscheid kläre die Rahmenbedingungen für eine Ersatzwahl eines Mitglieds des Gemeinderates und des Gemeindepräsidenten. Entsprechend möchte der Gemeinderat die Ersatzwahl auf den 7. März 2021 festsetzen. Bis zu diesem Zeitpunkt werden die vier aktuellen Mitglieder des Gemeinderates in Zusammenarbeit mit dem Gemeindepersonal die anstehenden Sachgeschäfte bearbeiten. 

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