«Neuenhof wird sich bis in 2 Jahrenatmosphärisch verändert haben»

Martin Klöti ist Institutsleiter an der Hochschule für Technik an der FHNW Brugg. Mit einem Team will er Neuenhof aufblühen lassen.

Martin Klöti, Institutsleiter an der Hochschule für Technik. Foto: bär
Martin Klöti, Institutsleiter an der Hochschule für Technik. Foto: bär

Können Sie mir in einem Satz sagen, was in Neuenhof in zwei Jahren anders ist als heute, wenn Sie mit dem Projekt «Anstiftung zur Nachbarschaft» vorangekommen sind? Neuenhof wird sich atmosphärisch verändert haben. Ich schildere meine Erwartungen, wie wenn sie schon Realität geworden wären: Das Klima des Aufbruchs, der Selbstsicherheit, der Freude am eigenen Schaffen hat sich weiter verstärkt. Erste Umsetzungen sind sichtbar geworden: Da und dort sind blühende Gärten angelegt worden, Restaurants vielseitiger Küche heissen Gäste von überall willkommen, neue Gewerbetreibende wie Schuhmacher, Schneider, Wäscher, Reparaturwerkstätten, Catering haben eröffnet, noch mehr Mittagstische, Kinderhüte, Müttertreffs, Treffpunkte von Senioren mit Junioren haben regen Betrieb. Feste finden in den Quartieren statt, insbesondere das Dorffest, wo sich die vielfältigen Kulturen verbinden und eine bunte Küche anbieten. Die Schule blüht und lebt mehr denn je und geniesst als Ort der besonderen Integrationsfähigkeit hohe Aufmerksamkeit auch seitens der anderen Gemeinden im Limmattal und im Kanton. Insgesamt hat sich in zwei Jahren in Neuenhof eindrücklich gezeigt, dass die Menschen hier gerne zu Hause sind und den Lebensraum für so zahlreiche Ethnien als bereichernd erleben. Die Schweiz schaut mit einer neuen, erfrischenden Wahrnehmung nach Neuenhof und kommt interessiert zu Besuch. Man will wissen, wie die Erfahrungen in Neuenhof so sind und wie sie sich in die ei-gene Gemeinde übernehmen lassen.

Wie wollen Sie diese grosse Veränderung erreichen? Indem wir die Einwohnerinnen und Einwohner von Neuenhof einladen, ihre Vorstellungen mitzuteilen, ihre Beiträge zur gemeinsamen Realisierung dieser Vorstellungen konkret zu fassen und in Wirkungskreisen, wo man sich häufig trifft, zu aktiven Projekten zu kombinieren, Mut zu fassen und immer wieder aufzubrechen.

Nur knapp 30 Einwohner sind Ihrer ersten Einladung gefolgt. Es waren diejenigen, die sowieso schon aktiv sind. Wie holen Sie alle ins Boot? Aus der Runde selbst ist der gute Vorschlag gekommen, dass das nächste Mal jeder einen Gast mitbringt, insbesondere anderer Ethnien. Und das übernächste Mal auch über die persönlichen Einladungen nochmals mehr. So werden es immer mehr, so entstehen Multiplikation und Bewegung. Es ist wichtig, rasch grosse Kreise zu ziehen. Wir wollen alle 8500 Einwohnerinnen und Einwohner von Neuenhof erreichen.

Ein ehrgeiziges Ziel ... Das ist es. Aber unser Rezept ist es gerade, viele Kräfte zu mobilisieren. Wenn wir früh Resultate vorweisen können, wird man auf das Projekt aufmerksam und es spricht sich herum, sodass bald auch diejenigen dabei sind, die anfangs noch skeptisch waren. Alle sind sehr willkommen!

An was für Resultate denken Sie? Am 20. September veranstaltet die Schule beispielsweise ein Filmfestival, das gleichzeitig an zwölf Standorten in der Schweiz ausgetragen wird. Es werden Schulklassen aus der Region nach Neuenhof kommen. Oder am ersten Infoanlass wurde vom Dorffest erzählt. Das ist toll, und wir wollen mithelfen, dass es nächstes Jahr erweitert wird. Der Dorfkern sei zu klein, wurde gesagt. Nun braucht es einen mutigen Schritt, es auszudehnen.

Nicht alle werden erfreut sein über Veränderungen...Wenn es zu Konflikten kommt, interessieren uns die Beweggründe im Hintergrund. Wir werden sie aufnehmen und ins Gute drehen wollen.

Wie? Indem wir hinhören und eine positive, gerechte und ehrliche Sprache reden, mit der Mut aufkommt, Talente aufgenommen und Kräfte lustvoll mobilisiert werden. Das Wort «müssen» beispielsweise verwenden wir möglichst nicht. Wir wollen anstecken und einladen, nicht zwingen und nicht übers Knie brechen.

Hand aufs Herz: Schaffen Siedas selber? Zugegeben, es ist eine ewige Übung, die eine Ver-änderung des Grunddenkens braucht. Sie führt zu einer viel näheren Verbindung und zu einem mutigen Planen. Aber das steckt wohl tatsächlich an. Vielfach ist der Wunsch schon vorhanden, in der Richtung zu denken und zu handeln, wie wir anregen. Wenn eine Einladung dafür ausgesprochen wird, wird sie auch angenommen.

Habe ich Sie richtig verstanden: Sie wollen die Einwohner motivieren, ihre Wünsche zu äussern. Und Sie wollen diese realisieren, indem jeder seine persönliche Ressource zur Umsetzung zur Verfügung stellt? Das Wort Ressource haben Sie gebraucht. Aber ja, genauso meine ich es. Heute liegt viel Potenzial brach, weil viele Menschen nicht mehr eingeladen sind, weil vielen nicht mehr gesagt wird, wie sehr sie gebraucht werden, wie nötig gerade ihr Beitrag, ihre Mitwirkung ist. Wenn wir unseren Mitmenschen sagen, was die Bedürfnisse sind und was die Möglichkeiten, um sie zu erfüllen, wird kaum jemand ungerührt bleiben.

Wie treten Sie und Ihr Team mit der Neuenhofer Bevölkerung in Kontakt? Die erste Infoveranstaltung fand im Juni statt, die zweite findet voraussichtlich am 20. August statt. Parallel dazu führen wir mit Schlüssel-personen und Passantinnen und Passanten Interviews in Neuenhof. Wir arbeiten auch mit der Schulleitung zusammen. Und wir laden mit Briefen, Flyern und Zeitungsartikeln wie diesem zur aktiven Mitwirkung ein, Neuenhof neu zu träumen und mit eigener Kraft zu gestalten.

Der nächste Anlass findet am nächsten Dienstag um 19 Uhr im Peterskeller statt. Was erwartet die Bevölkerung? Wir werden erneut Themen sammeln und austauschen. Daraus werden sich thematische Schwerpunkte ergeben. In Wirkungskreisen werden die einzelnen Themen dann Schritt um Schritt angegangen und mit den vorhandenen Talenten, Fähigkeiten und Mitteln in die Tat umgesetzt.

Haben Sie schon eine Vermutung, welche Themen das sein könnten? Zum einen Teil ja, weil die Bevölkerung bereits bei der Diskussion um die Änderung der Bau- und Nutzungsordnung (BNO) Ideen zusammengetragen hat. Als weiteren wichtigen Teil erwarten wir Generationenthemen zur Beantwortung der Bedürfnisse und Erwartungen der Kinder und Jugendlichen ebenso wie der Erwerbstätigen und der Vertreterinnen und Vertreter eines erfüllten und glücklichen Alters. Grosse Erwartungen haben wir zudem an die Einwohnerinnen und Einwohner, die ursprünglich aus dem Ausland kamen. Sie machen Neuenhof auf ihre eigene Weise reich.

Warum? Weil ihr Potenzial noch nicht so aktiv ist und sie eine grosse Lebensfreude haben, die noch nicht in die Breite getragen wurde.

Zweite Infoveranstaltung am Dienstag, 20. August, 19.30 Uhr, Peterskeller. Jedermann ist herzlich willkommen.

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