«Ich bin ein glücklicher Mensch»

Gemeindeschreiber Marcel Muther verlässt die Gemeindekanzlei.Foto: bär
Gemeindeschreiber Marcel Muther verlässt die Gemeindekanzlei.Foto: bär

 Was werden Sie künftig beruflich tun? Am vergangenen Samstag habe zugesagt, ab April als Geschäftsstellenleiter bei der Winterhilfe Aargau in einem Teilzeitpensum von 40 Prozent zu wirken. Mit dieser Arbeit will ich auch der Gesellschaft etwas von dem Glück zurückgeben, das ich bisher im Leben hatte: Ich bin ein glücklicher Mensch. Die restliche Zeit werde ich mir vorderhand bewusst frei halten, um zu lesen, Töff zu fahren, im Fischerverein Killwangen dabei zu sein, Spanisch zu lernen, mit meinem erwachsenen Sohn Töffferien zu machen und mit dem Wohnmobil ins grenznahe Ausland zu reisen. Ich will das Leben zusammen mit meiner Partnerin geniessen, die ihr Arbeitspensum ebenfalls reduziert.

 Wie reagiert Ihr Umfeld auf diesen Wechsel? Viele Leute können nicht verstehen, dass ich meinen gut bezahlten Job als Gemeindeschreiber dafür aufgebe. Ich persönlich freue mich aber sehr auf neue Herausforderungen und Lebensinhalte.

 

 Worauf blicken Sie gerne zurück, wenn Sie an Ihre über zwanzigjährige Tätigkeit als Gemeindeschreiber denken? Wir haben es geschafft, Neuenhof als Dienstleistungsunternehmen zu positionieren. Unser Gemeindebüro wurde als eines der ersten im ganzen Aargau eröffnet. Früher gab es nur eine Anlaufstelle für die Bürger. Man musste vor einer Scheibe warten, bis diese geöffnet und man bedient wurde. So nach dem Motto: «Der Bürger hat gefälligst zu warten.» Mittlerweile sprechen wir nicht mehr von Bürgerinnen und Bürgern, sondern von Kundinnen und Kunden. Das war ein Prozess. Mich freut es auch, dass wir es geschafft haben, viele junge Leute einzustellen. Während der hohen Jugendarbeitslosigkeit haben wir unseren Lehrlingen die Möglichkeit gegeben, nach der Lehre ein halbes Jahr bei uns zu arbeiten. Die jungen Leute bringen neues Wissen mit. Für mich war auch der Kontakt zur Partnergemeinde Holzgerlingen sehr bereichernd.

 Was waren die Schattenseiten? Die grösste Enttäuschung war das Nein der Badener zur Fusion mit Neuenhof. Die Neuenhofer Bevölkerung hat einen solchen Affront nicht verdient.

 War das auch für Sie persönlich ein Frust, wo Sie doch so viel Arbeit in dieses Projekt gesteckt haben? Ich bin für meine Arbeit bezahlt worden und darf dies nicht persönlich nehmen.

 Wären Sie als Gemeindeschreiber in Mühlethal geblieben, wo Sie vorher amteten, hätten Sie die Fusion mit Zofingen mitgestalten können. Bereuen Sie den Wechsel im Nachhinein? Nein überhaupt nicht. Ich habe nach Neuenhof gewechselt, weil es damals einen Einwohnerrat gab in Neuenhof und ich habe mich hier immer sehr wohlgefühlt und auch viele Jahre in Neuenhof gewohnt. Mittlerweile lebe ich in Killwangen, wo ich auch weiterhin bleibe.

 Was hat sich verändert? Der Handlungsspielraum der Kommune wird immer mehr eingeschränkt. Die sogenannten Aufgabenteilungen von Bund und Kanton haben dazu geführt, dass die Gemeinden immer weniger zu sagen haben. Man sagt, die Aufgabenteilung führe zu mehr Effizienz und Bürgernähe. Doch der Abbau der Dienstleistungen hat nie dazu geführt, dass der Einwohner weniger Steuern zahlt. Und kann man wirklich von Bürgernähe sprechen, wenn man die Ämter regionalisiert und die Einwohner aufs Zivilstandsamt nach Wettingen, aufs Passamt nach Aarau oder nun neu ans Famili-engericht nach Baden müssen?

 Spart man damit nicht Kosten ein? Nein, weil der Kanton in vielen Bereichen die Federführung übernimmt, die Gemeinden aber weiterzahlen müssen. Theoretisch muss der Einwohner eigentlich nur noch für An- und Abmeldungen, Baugesuche und Todesfälle ins Gemeindehaus. Ich will nicht sagen, die Vergangenheit ist besser, aber ich habe Mühe damit, wenn Bund und Kanton dem Bürger weismachen wollen, alles werde professioneller und effizienter.

 Sie haben kürzlich ein Nachdiplomstudium an der Universität Basel zum Thema interdisziplinäre Konfliktanalyse und Konfliktbewältigung abgeschlossen. Könnten Sie sich vorstellen, bei einer allfälligen späteren Fusion Neuenhof zu unterstützen? Wenn man mich braucht, kann man mich jederzeit anfragen. Wenn ich Zeit habe, helfe ich sicher. Ich habe den Neuenhoferinnen und Neuenhofern viel zu verdanken, Neuenhof ist eine tolle und fortschrittliche Gemeinde.

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