«Das letzte Wort»

Der Zeitdruck steigt. Doch ich kann mich nicht entscheiden. Worüber soll ich im «letzten Wort» bloss schreiben? Über die Wettinger Winzer, die diese Tage ihre Weinkeller öffnen und dran sind, alte Geschichten zu vergessen und zusammenzuarbeiten? Oder über den sonntäglichen Spaziergang auf dem soeben eröffneten «Buurelandweg» mit meiner Kollegin, die staunend sagte: «Jetzt habe ich die schöne Seite von Spreitenbach kennengelernt»? Oder doch eher über die Würenloser Bau- und Nutzungsordnung (BNO), deren Revision an der ausserordentlichen Gemeindeversammlung am Dienstag die Gemüter erhitzte? Alles Artikel in dieser Ausgabe.
Menschen mögen Menschengeschichten, weiss ich. Also könnte ich über das Neuenhofer Ehepaar schreiben, das ich letzte Woche in seinem Coiffeursalon besucht habe, kurz bevor es ihn nach 41 Jahren einer neuen Inhaberin übergab. Die Leidenschaft der beiden, ihr Berufsstolz haben mich beeindruckt. Auf der Heimfahrt frage ich mich, ob sie es schaffen, ihre langersehnte Freiheit zu geniessen. Wie sie damit umgehen, nicht mehr von Menschen umgeben zu sein, kaum noch Termine zu haben. Ich werde es wohl nie erfahren. Denn so ist der Journalistenberuf; ein intensives Gespräch führen, einen Text darüber schreiben, ihn publizieren – und sich am nächsten Tag neuen Themen, neuen Menschen widmen.
Da fällt mir meine Arbeitskollegin ein. Sie ist früher gegangen, weil sie ein Elterngespräch in der Schule hatte. Ihr Sohn ist auf Kriegsfuss mit Mathe. Ich schreibe ihr eine Nachricht, ermutige sie, sich nicht von Noten unter Druck setzen zu lassen. Ich ernte ein Herz und mir wird einmal mehr bewusst: Die wichtigen Themen, die nahestehenden Menschen, die muss man nicht suchen und die bleiben – auch nach dem Interview.Feedback an:
melanie.baer@chmedia.ch