«das letzte wort»

Melanie Bär, Redaktionsleiterin

Es gibt Sachen, die schiebe ich vor mich hin. Werde ich mit dem Thema konfrontiert, denke ich: «Darum müsste ich mich mal kümmern.» Schon der Konjunktiv und das Wort müssen weisen darauf hin, dass es beim Vorsatz bleibt!

Nichtsdestotrotz triggert es mich, wenn ich mit dem Thema konfrontiert werde. So wie am Interview mit den Sozialarbeiterinnen von der Jugend- und Familienberatungsstelle Würenlos (S. 14). Sie erzählten mir von ihren «Fällen». Von den kleinen Dingen, die einfach zu lösen wären und grosse Auswirkungen haben – wenn man sie denn umsetzt: Die Anmeldung bei der Ausgleichskasse, das Gesuchstellen für Prämienverbilligung oder die eigenen Wünsche in der Patientenverfügung und dem Vorsorgeauftrag festhalten. Zack. Trigger angekommen. «Darum müsste ich mich jetzt wirklich endlich mal kümmern», denke ich während des Interviews. Immer noch Konjunktiv, immer noch müssen, aber immerhin ein «jetzt, endlich» im Satz. Die Luft wird dünner!

Zwei Tage später begegne ich einer Bekannten. Sie erzählt von ihrer Schwester, die seit Monaten im Koma liegt, wahrscheinlich nie mehr aufwachen wird. «Sie hat nichts geregelt, ihrem Mann sind jetzt die Hände gebunden», sagt sie mit Tränen in den Augen und fragt unvermittelt: «Hast du einen Vorsorgeauftrag, eine Patientenverfügung?» Nun kann ich nicht mehr ausweichen, aus dem müsste wird ein «Ich mach das jetzt!» «Du machst es nicht nur für dich, sondern auch für deine Angehörigen», antwortet sie. Am nächsten Tag schickt sie mir eine SMS mit dem Link zu einer Mustervorlage des Schweizerischen Roten Kreuzes. Gestern habe ich es erledigt. Der Vorsorgeauftrag war eine kurze Sache, die Patientenverfügung emotional. Doch egal, ob man sich mit dem Tod beschäftigen will oder nicht – irgendwann kann man die Auseinandersetzung damit sowieso nicht mehr vor sich herschieben.

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