Weniger Mitglieder brauchen weniger Raum

Am Dienstag haben die Mitglieder der Reformierten Kirchgemeinde den Kredit für ein neues Kirchgemeindehaus gesprochen. Das jetzige Areal soll der Gemeinde verkauft werden.

Neues reformiertes Kirchgemeindehaus in       der Visualisierung des Siegerprojekts.zVg/Architheke AG nightnurse

Neues reformiertes Kirchgemeindehaus in der Visualisierung des Siegerprojekts.zVg/Architheke AG nightnurse

Lutz Fischer steht dort, wo das Kirchgemeindehaus gebaut werden soll. Melanie Bär

Lutz Fischer steht dort, wo das Kirchgemeindehaus gebaut werden soll. Melanie Bär

Weniger Mitglieder und entsprechend zu grosse Räumlichkeiten, die sanierungsbedürftig sind: Die meisten Kirchgemeinden sind mit solchen Herausforderungen konfrontiert. Frustrierend sei das, sagt der reformierte Pfarrer Lutz Fischer ehrlich. 5500 Kirchgemeindemitglieder hatte die Reformierte Kirchgemeinde Wettingen-Neuenhof bei seinem Stellenantritt vor knapp 16 Jahren – heute sind es noch etwas mehr als 3500. Doch statt der Vergangenheit nachzutrauern, wollen sich die Reformierten aus Wettingen und Neuenhof für die Zukunft fit machen. «Du musst verstehen, was passiert und was du nicht verändern kannst. Dann kannst du deine Energie dort einsetzen, wo du Einfluss hast», lautet das Credo des Pfarrers.

An der ausserordentlichen Gemeindeversammlung am Dienstagabend haben die Mitglieder mit der Kreditsprechung von rund 5,9 Mio. Franken einen Schritt in die Zukunft gemacht. Mit dem Geld wird die begonnene Immobilienstrategie 2030 weitergeführt und an der Lägernstrasse in Wettingen ein neues Kirchgemeindehaus gebaut. Bis spätestens am 1. Mai muss die Baubewilligung eingereicht sein. Läuft alles nach Plan, wird an Ostern 2026 Eröffnung gefeiert.

25 Architekturbüros beteiligten sich

Die Baupläne des neuen Gemeindehauses stammen von der Architheke AG aus Brugg, die den Projektwettbewerb gewonnen hat. Das Sigristenhaus sowie die Garage und ein Teil des Gartens bei Fischers Pfarrhaus an der Lägernstrasse müssen dem Neubau weichen. Das neue Kirchgemeindehaus wird parallel zu dieser Strasse errichtet. So soll «ein neues Ensemble mit der Kirche und dem dortigen Pfarrhaus» entstehen, heisst es in der Informationsbroschüre. Saal und Foyer sind nicht unterkellert. Auf dem Dach wird eine Photovoltaikanlage installiert, das Regenwasser wird gesammelt und zur Bewässerung genutzt.

Ursprünglich war geplant, zusätzlich ein Gebäude für die Jugendarbeit zu bauen. «Aus Kostengründen und weil es Widerstand aus der Nachbarschaft gab, verzichten wir darauf», so Fischer. Im Annexbau der Kirche werden die Räumlichkeiten so umgebaut, dass für die Jugendarbeit Räume zur Verfügung stehen.

Kirchgemeindehaus halb so gross

Das neue Kirchgemeindehaus wird etwa halb so gross sein wie das alte. Im östlichen, zweigeschossigen Teil sind Büros, Sitzungs- und Unterrichtszimmer sowie Räume für den Hausdienst untergebracht. Ans Foyer angrenzend wird ein Saal entstehen, der bei einer Bestuhlung mit Tischen rund 80 Sitzplätze bietet. Für die meisten aktuell stattfindenden Anlässe reicht der Platz.

Für Grossanlässe wie die Spaghettata mit 120 Plätzen ist er zu klein. «Es ist jedoch nicht sinnvoll, für solche Einzelanlässe extra grosse Räume zu schaffen, die ansonsten meistens leer stehen.» Der Raumbedarf sei auf die eigenen Bedürfnisse abgestimmt. Bisher hat man die Räumlichkeiten auch fremdvermietet. «Die Einnahmen erbringen keinen substantiellen Beitrag zum Gebäudeunterhalt, sondern decken gerade mal die Kosten für Reinigung, Heizung und Sigrist. Das können wir uns schlichtweg nicht mehr leisten.»

Raum für Schule statt Kirche

Ende April wurde ein Vorvertrag unterschrieben. Er verpflichtet dazu, das angrenzende 5815 m2 grosse Areal nördlich der Kirche mit dem zweiten Pfarrhaus und dem jetzigen Kirchgemeindehaus an die Einwohnergemeinde zu verkaufen. Sie plant, darauf Raum für Schüler und Kindergärtler zu schaffen. Spätestens Ende Dezember 2026 will sie das Areal übernehmen können. Bei Verzögerungen durch allfällige Einsprachen wird die Frist nach hinten geschoben. «Wir haben die Nachbarn jeweils zu den Informationsveranstaltungen eingeladen und hoffen, dass es keine Einsprachen gibt», so Fischer.

Der Landpreis liegt höher als der Betrag, den die Gemeinde effektiv bezahlt. Im Gegenzug verzichtet die Einwohnergemeinde auf das Kaufrecht auf die 4223 m2 grosse Landfläche an der Büntstrasse. Die Kirchgemeinde will dieses Land einer gemeinnützigen Genossenschaft im Baurecht abgeben, die dort Wohnungen erstellt. Mit den Zinseinnahmen will sie den Unterhalt ihrer Infrastruktur finanzieren. Damit das umsetzbar ist, muss das Land von der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen (OeBA) in Wohnzone W3 geändert werden. Voraussichtlich Ende 2025 stimmt der Einwohnerrat im Rahmen der Bau- und Nutzungsrevision über die Umzonung ab. Ab Mitte März läuft ein Mitwirkungsverfahren.

Ursprünglich wollte die Arwo-Stiftung auf dem Land ihr neues Wohnheim realisieren. Weil der Kanton während der damaligen Planungen ein Baumoratorium aussprach, kam es nicht dazu. Mittlerweile verzichtet sie auf einen Neubau und saniert ihr Wohnheim umfassend.

Einnahmen durch Zinszahlung

Gekauft hat die Kirchgemeinde das Land in den 60er-Jahren. «Es war als Landreserve für weitere Kirchräume gedacht, damals ging man noch von einem Bevölkerungswachstum aus und rechnete mit 40000 Einwohnern in Wettingen.»

Die Prognosen haben sich nicht bewahrheitet. Um keine unnötigen Unterhaltskosten zu verursachen, hat man auch am Standort in Neuenhof Massnahmen ergriffen. Seit Sommer 2022 steht das Kirchgemeindehaus leer, das Pfarrhaus wurde bereits vorher an eine Kindertagesstätte vermietet. Man wartet auf die Zonenplanänderung, um auch dort das Land im Baurecht an eine Genossenschaft abzugeben, die Wohnraum schafft. «So erhalten wir regelmässige Einnahmen und das Land steht einer nächsten Generation für andere Projekte zur Verfügung», resümiert Fischer.

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