Spreitenbachs Natur entdecken
Auf einem Rundgang wird die Bevölkerung auf Littering, Biodiversität und Nutztiere sensibilisiert. Mit einigen Tieren kann sie auch gleich Bekanntschaft schliessen.
«Ich habe nicht gewusst, dass hinter dem Shoppincenter ein Hof steht», sagt Vera Koch, als sie vor ebendiesem Hof steht – dem Obstgarten der Familie Lienberger an der Dorfstrasse, dort, wo der Rundgang startet und endet. Die Mitarbeiterin des Bauernverbands koordinierte vor einer Woche den Aufbau des «Buurelandwegs». Landwirte und andere Freiwillige unterstützen sie beim Aufstellen der 17 Informations- und Erlebnisposten, die für die Öffentlichkeit bis Ende Oktober frei zugänglich sind.
Bei Posten 4 erfahren die Besucher beispielsweise, warum gewisse Wiesen bewusst nicht gedüngt und erst nach Mitte Juni gemäht werden: damit die Pflanzen ausreichend Zeit haben, zu versamen, und die Tiere sich fortpflanzen können. Gerade in stadtnahen Regionen halte sich das Wissen über Naturthemen in Grenzen – etwa, welches Gemüse und Obst wann Saison hat. «Wie soll man das auch wissen, wenn man beim Einkaufen alles das ganze Jahr über im Regal sieht?», fragt Finn Thiele. Zusammen mit Gemüsefachkraft Sami Felber und Landwirt Guido Weber gräbt er am Donnerstagmittag ein Loch, in das eine Infotafel befestigt wird. Thiele arbeitet beim Biohof Fondli, auf dem solidarische Landwirtschaft betrieben wird: Rund 600 Genossenschaftsmitglieder bezahlen einen Jahresbeitrag, arbeiten auf dem Dietiker Betrieb mit und erhalten dafür einen Teil der Ernte.
Bauernverband betreibt den Weg
Auf dem «Buurelandweg» soll der Teil der Bevölkerung sensibilisiert werden, der keinen solchen Bezug zur Landwirtschaft hat. Der Bauernverband baut jedes Jahr in einer anderen Region einen solchen temporären Rundwanderweg auf. Während einige Elemente wie etwa das Memoryspiel mitgezügelt werden, wird Regionales eingebunden. Hinter dem Obstgarten erfährt man beispielsweise, dass der Aargau der viertgrösste Pferdekanton der Schweiz mit über 110 000 Pferden ist und über 80 Prozent davon auf Landwirtschaftsbetrieben leben. Und man lernt einige der Tiere auch gleich kennen. Sie scheinen sich über die Besucher zu freuen und strecken neugierig ihre Köpfe über den Zaun.
Auch am Rosenhof der Familie Weber führt der Rundwanderweg vorbei. Ab etwa Ende Mai kann man dort Erdbeeren pflücken. Wie viel Handarbeit dahintersteckt, erfährt man bei Posten 15. «Wir müssen den Leuten immer wieder erklären, dass die Erdbeeren nicht zufällig gewachsen sind», sagt Hofbesitzer Guido Weber. Er hat den Hof von seinen Eltern übernommen und angefangen, Erdbeeren zu pflanzen. «Im Vergleich zum Getreide kann man mit Erdbeeren pro Quadratmeter mehr Geld verdienen», so Weber. Das sei insbesondere in der stadtnahen Region Spreitenbach wichtig, wo die Landwirtschaftsfläche immer knapper werde.
Spreitenbach ist Land und Stadt zugleich
In der Broschüre, die man am Start des Rundgangs mitnehmen kann, wird an die Anfänge des Dorfes erinnert: «Spreitenbach war einmal ein winziges Bauerndorf.» Heute gibt es noch sechs Landwirtschaftsbetriebe im Dorf. Viele werden seit Generationen bewirtschaftet. Auch Reto Lienberger hat den «Obstgarten» von seinen Eltern übernommen.
Der Hof ist Zeitzeuge des längst vergangenen Bauerndorfes, auch wenn er schon lange nicht mehr von Grün, sondern von Wohnhäusern und dem ShoppiTivoli umgeben ist. «Wir vermitteln schon seit eh und je zwischen Stadt und Land», sagt Lienberger. Nicht nur durch den Standort, sondern auch mit der weit über die Dorfgrenze hinaus bekannten Kürbisausstellung. Und auch Vera Koch hat durch die Projektleitung des «Buurelandwegs» eine neue Seite von Spreitenbach kennengelernt.
«Buurelandweg» offen bis 30. Oktober, Start und Ziel an der Dorfstrasse 41 in Spreitenbach beim Bauernhof Obstgarten, Nähe Bushaltestelle Spreitenbach Dorf. Auf dem rund 4,5 Kilometer langen Rundweg sind 17 Informationstafeln aufgestellt, der Weg ist beschildert. Infos www.buurelandweg.ag.