Meinung der Jungen ist gefragt

Im Rahmen des Projekts «Chance Spreiti» werden zurzeit Kinder und Jugendliche befragt. Die Bestandesaufnahme soll helfen, Massnahmen zu ergreifen, um Probleme wie Vandalismus zu reduzieren.

Johannes Küng von der Hochschule Luzern macht eine Ist-Analyse, aus der später Massnahmen abgeleitet werden. Auf dem Bild steht er vor dem ShoppiTivoli, wo er mit Betroffenen sprach. Melanie Bär

«Eltern erziehen zu wenig, wollen Kollegen der Kinder sein, halten Widerstände nicht aus und irgendwann sind die Kinder die Chefs», sagte die Leiterin der Schulsozialarbeit im Schulhaus Glatter, Patricia Konrad. Sie und andere Personen aus Schule und Kindergarten hatten Alarm geschlagen. Die Gemeinde nahm den Hilferuf ernst und lud Fachleute von Organisationen aus der Kinder- und Jugendförderung sowie der Elternarbeit in Spreitenbach im September 2024 zum Austausch ein (die Limmatwelle berichtete). Das war der erste Schritt des von der Gemeinde initiierte Projekts «Chance Spreiti – Initiative für ein gesundes Aufwachsen». Ziel: Chancen und Herausforderungen im Zusammenhang mit Kindern und Jugendlichen besser zu verstehen, um die Situation mit zielgerichteten und wirkungsvollen Interventionen zu verbessern.

Nachdem am ersten Abend also die Sicht der Fachleute aufgenommen wurde, sollen nun die Kinder und Jugendlichen zu Wort kommen. Um herauszufinden, wie die Direktbetroffenen die Situation erleben, werden sie zurzeit befragt. Johannes Küng, soziokultureller Animator und Dozent an der Hochschule Luzern, hat einen Leitfaden zur Befragung der Kinder und Jugendlichen geschrieben. Die Interviews werden vorwiegend durch die vor Ort betroffenen Fachleute durchgeführt, die vor einem Monat von ihm geschult wurden.

Shoppi als wichtiger Aufenthaltsort

Als der 34-Jährige für die Schulung nach Spreitenbach reiste, liess er es sich jedoch nicht nehmen, einige für Spreitenbach wichtige Orte zu besuchen und dort auch selbst Gespräche zu führen. Im Shoppi erfuhr er von einem Vater, dass für dessen Familie das Einkaufszentrum ein wichtiger Aufenthaltsort bei schlechtem Wetter ist, an dem er beim Flanieren gerne Zeit mit der Familie verbringt. Solche Aussagen würden helfen, das Denken und Handeln der Einwohner zu verstehen. «Wenn man die Leute dort spazieren sieht, versteht man sonst nicht, warum sie das tun.»

Küng hat Erfahrung mit solchen Projekten. Bevor er als Dozent zur Hochschule Luzern wechselte, hat er einige Jahre in der Stadt Opfikon die Quartier- und Freiwilligenarbeit geleitet. Vereinsleute hätten sich gewünscht, dass sich auch Leute mit Migrationshintergrund in Vereinen engagieren. «Es kam dann heraus, dass sie sich schon engagieren, einfach nicht in Vereinen, sondern in der Nachbarschaft oder der Familie.» Durchs bewusste Netzwerken kamen die verschiedenen Gruppierungen miteinander ins Gespräch, was zu gegenseitigem Verständnis führte, teilweise würden sie nun zusammenarbeiten. «Die Idee ist aber nie, eine heile Welt zu erschaffen. Es gibt Probleme, aber man kann sie bearbeiten», so Küng.

Ist-Zustand soll gezeigt werden

Das hat Küng bereits als junger Mann erfahren. Ursprünglich hat er eine Lehre absolviert und nach seiner Lehrzeit ehrenamtlich in einem Projekt in Uganda als Zimmermann mitgearbeitet. Noch heute, rund 15 Jahre später, hat er Kontakt mit Leuten, die er damals kennengelernt hat.

In Spreitenbach ist seine Aufgabe nun, Angebote und Strukturen sowie die Einschätzungen der Fachpersonen und der Kinder und Jugendlichen aus der Befragung in seine Analyse einfliessen zu lassen und den Ist-Zustand aufzuzeigen. Sein Fazit nach dem ersten Treffen in Spreitenbach: «Der Ruf von Spreitenbach wird der Situation nicht gerecht. Er ist zwar nicht unwahr, aber überzeichnet.»

Die Mitglieder der Projektgruppe haben bereits 30 Interviews geführt und sich vergangene Woche erneut getroffen. Dabei seien altbekannte Themen wie Littering, Sicherheit oder das Shoppi als wichtiger Treffpunkt genannt worden. «Trotzdem war es spannend, die unterschiedlichen Wahrnehmungen und Bewertungen der Themen zu sehen und zu diskutieren», sagt Küng und fügt an: «Andere Themen waren überraschender, etwa das grosse Umweltbewusstsein seitens vieler Kinder oder dass Jugendliche sich mehr Toleranz und Verständnis zwischen Jugendlichen, aber auch gegenüber Jugendlichen wünschen.»

Mitte Juni will er die Ergebnisse zusammentragen und in einem weiteren Workshop mit Fachleuten und Betroffenen diskutieren. Am 10. September wird er die Ergebnisse und seine Handlungsempfehlung dann präsentieren. Die Bevölkerung ist eingeladen, sich an der Diskussion der nächsten Schritte zu beteiligen. Am Schluss sollen Massnahmen abgeleitet und umgesetzt werden, um die Situation zu verbessern.

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