Gekreische bei der ersten Begegnung mit einem Euter
Seit gut zehn Jahren führen Roland und Gisela Töngi jedes Jahr 10 bis 15 Schulklassen über ihren Bauernhof und zeigen Kindern, wo Milch, Fleisch und Eier herkommen.
Das Projekt «SchuB», kurz für «Schule auf dem Bauernhof» möchte Kindern die Lebensmittelproduktion wieder näher bringen. «Das Ganze hat auch eine politische Komponente: Die Subventionen für die Bauern werden von den Steuerzahlern, zu denen diese Kinder später werden, bezahlt», sagt Roland Töngi schmunzelnd. Er ist einer von zahlreichen Bauern, der seinen Hof für die Schulklassenführungen zur Verfügung stellt und auf der Homepage des Projekts angemeldet hat. Jede Lehrperson kann sich dort informieren und einen Bauernhof in der Nähe auswählen. Der Hof von Familie Töngi liegt oberhalb von Spreitenbach auf dem Heitersberg – einer von drei Höfen, der dort nebst dem gleichnamigen Restaurant zu finden ist.
Letzten Donnerstag war eine Schulklasse aus Spreitenbach bei Töngis zu Besuch. Roland Töngi hatte eine besonders liebe, ruhige Kuh an diesem Morgen extra nicht gemolken, sodass die Kinder gleich in den Stall konnten und dort – den heftigen Schreckenslauten nach zu urteilen – zum ersten Mal ein Euter anfassen durften. Im Melkstand legte Töngi der Kuh die Melkmaschine an. Die Kinder waren überrascht, wie stark das Gerät saugt. Immer wieder stellte Töngi den Kindern Fragen: «Was denkt ihr, wie lange dauert es, eine Kuh zu melken? Wie viel Milch gibt eine Kuh wohl am Tag?» Die Kinder schätzten und wunderten sich über die Antworten. Mit einem Schaubild erklärte Töngi den Kindern, dass ein Euter nicht einfach ein Sack voll Milch ist, sondern dass es aus vielen kleinen Bläschen aufgebaut ist, in denen die Milch entsteht. Nach dem Melken durften alle Kinder noch einmal das nun weiche, leere Euter anfassen und den Unterschied zu vorher spüren.
Anschliessend durften alle die übrigen Kühe von der Weide holen, denn denen war es an diesem sonnigen Morgen bereits zu heiss draussen. «Eine Kuh fühlt sich am wohlsten bei null Grad», erklärte Roland Töngi. Einen Teil der gewonnenen Milch durften die Schüler dann dem Kälbchen verfüttern; das Gerangel um den Schnuller war entsprechend gross. Und nachdem die Kinder gelernt hatten, was eine Kuh zu Fressen bekommt – Gras, Heu, Silogras und -mais, Getreide, Salz und Mineralstoffe – ging es zuGisela Töngi und einem Glas frischer Kuhmilch.
«Die Idee ist, dass die Kinder diese Dinge nicht nur im Schulzimmer hören, sondern naturnah erleben», erklärt Roland Töngi die Führungen über seinen Milchbetrieb. Andere Betriebe zeigen zum Beispiel den Weg vom Saatgut bis hin zum gebackenen Brot. Seine Führung und Erläuterungen passt er jeweils auf die Schulklasse an. Vorletzte Woche habe er eine vierte Klasse auf dem Hof gehabt, die hätte so viele Fragen gestellt, dass die Führung eine Stunde länger als sonst gedauert habe, berichtet Roland Töngi lachend: «Die haben mich richtig gelöchert.» Zu ihm auf den Hof kommen nicht nur Schulklassen aus Spreitenbach, sondern oft auch von Wettingen, Neuenhof, Oberrohrdorf und aus dem Reusstal. Die grosse Herausforderung sei, die richtige Balance an Informationen zu finden, berichtet Töngi. Gerade jüngere Kinder seien allein schon vom Hofbesuch ein bisschen überfordert. So ähnlich ging es auch der Klasse von letztem Donnerstag, denn vor allem etwas bauernhoftypisches war an dem Tag einfach viel spannender als die Milchproduktion – ein Wurf junger Kätzchen.
Mehr Informationen zum Hof auf www.buergerhof.ch und zum Projekt auf www.schub.ch