Aus dem Ammann wird der Gemeindepräsident
Die Besucher der Gemeindeversammlung vom 24. Juni entschieden sich dafür, künftig nicht mehr über Einbürgerungsgesuche abzustimmen.

Das gewichtigste Traktandum an der Gemeindeversammlung von Dienstagabend, 24. Juni, war die Anpassung der Gemeindeordnung. Trotz Fussball hatten sich 121 Stimmberechtigte eingefunden, um über die Änderung der Einbürgerungsabstimmungen zu befinden. 24 Einbürgerungsgesuche lagen an diesem Abend vor. «Wir werden über jedes Gesuch einzeln abstimmen und auch alle Abstimmungen auszählen müssen – das sind kantonale Vorgaben», erklärte Gemeindeammann Valentin Schmid vor den Abstimmungen fast entschuldigend. Die meisten Gesuche wurden mit grossem Mehr ohne Gegenstimmen, aber mit einigen unausgezählten Enthaltungen angenommen. «Seit dem 1. Januar 2014 besteht gemäss dem neuen Bürgerrechtsgesetz im Kanton Aargau die Möglichkeit, dass die Gemeindeversammlung dem Gemeinderat im ordentlichen Einbürgerungsverfahren von Ausländern die Ermächtigung gibt, die Bürgerrechtszusagen zu erteilen. Diese Kompetenzübertragung muss in der Gemeindeordnung verankert sein», war dem Abstimmungsbüchlein zu entnehmen. Begründete Einwände können neu nach der öffentlichen Publikation der Einbürgerungsgesuche in der Limmatwelle schriftlich eingebracht werden.
In der Vergangenheit wurden bei Gemeindeversammlungen im Kanton Aargau ohne rechtliche Grundlage verweigerte Einbürgerungsgesuche vom Verwaltungsgericht aufgehoben und die Gemeindeversammlung wurde verpflichtet, einen positiven Beschluss zu fassen. Es verwundert also nicht, dass immer weniger Stimmberechtigte und Gemeinderäte den Sinn dieser zeitaufwendigen Abstimmungen sahen.
Die Änderungen im Bürgerrechtsgesetz haben den Gemeinderat dazu bewogen, die Gemeindeordnung anzupassen und zu entschlacken, um keine doppelten Artikel mehr zu führen. Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) und die SVP wollten auf eine Entschlackung verzichten, was der Gemeinderat aber ablehnte. Drei Passagen sind in der Änderung relevant: Dem Gemeinderat wird bei Einbürgerungsverfahren die Kompetenz eingeräumt, über Zusicherung des Gemeindebürgerrechts für Ausländer zu entscheiden. Die GPK soll bei der Erteilung des Gemeindebürgerrechts Mitspracherecht erhalten. Der Titel «Gemeindeammann» soll neu in «Gemeindepräsident» und «Vizeammann» entsprechend in «Vizepräsident» geändert werden, da der Begriff vor allem in der Region Zürich für Verwirrung gesorgt hat. Die übrigen Anpassungen stellen keine Änderungen des bisherigen rechtlichen Status dar.
Der Antrag der GPK lautete, die alte Gemeindeverordnung beizubehalten, da sie ausführlicher sei, und sie lediglich um diese drei Änderungen zu ergänzen. Valentin Schmid gab zu bedenken, dass sich heute viele Leute im Internet informierten, was er selber mit überzeugendem Resultat ausgetestet habe.
Bei der Abstimmung stimmte denn auch die Mehrheit für den gemeinderätlichen Antrag. Der somit unveränderte Antrag zur Anpassung der Gemeindeordnung wurde anschliessend mit 78 Ja- zu 14 Nein-Stimmen angenommen. Da in diesem Fall ein obligatorisches Referendum besteht, muss der Entscheid der Gemeindeversammlung an der obligatorischen Urnenabstimmung vom Volk bestätigt werden.
Als weitere emotionale Themen standen an diesem Abend das Projet urbain und Tempo-30-Zonen auf der Traktandenliste. Nachdem an der letzten Gemeindeversammlung eine detaillierte Aufstellung der Kosten des Projet urbain «Langäcker bewegt!» gewünscht wurde, liegt diese nun vor und zeigt, dass die ursprüngliche Aufwandschätzung überschritten wurde. Valentin Schmid hatte am Polit-Apéro versichert, dass der Kredit – der schon zu 2/3 ausgegeben ist – ausreichen wird, um den Rest der Phase II, die noch bis Ende 2015 dauert, zufinanzieren. Die SVP zweifelte daran, doch Schmid bekräftig-te nochmals: «Der Gemeinderat kann Ihnen garantieren, dass der Kredit eingehalten wird.» Für die Bevölkerung sei nur die Café Bar deutlich sichtbar – es seien aber viele Konzepte in Arbeit, von denen die Bevölkerung noch nicht viel sehe, da sie zurzeit erst in Planungsgrundlagen bestünden. Mit grossem Mehr wurde der Kreditantrag über 320000 Franken für sie Phase II schliesslich angenommen.
Auch der Kreditantrag über 78000 Franken für «Tempo 30 in Wohngebieten» wurde mit angenommen, nachdem sämtliche Anträge zur Kürzung des Betrages und zum Verzicht auf den Ausbau des Knotens Rotzenbühl von der Versammlung abgelehnt wurden. «Wir werden also in nächster Zeit die Ausschreibung zum Tempo 30 machen», sagte Schmid. Es bestehe dann weiterhin die Möglichkeit für Einsprachen.