Corona treibt die Kunden in die Hofläden

Regionale Lebensmittel sind derzeit sehr beliebt. Das spüren auch diverse lokale Kleinproduzenten. Sie hoffen, dass das Phänomen von Dauer ist.

Bea Webers Hoflädeli läuft in Coronazeiten noch besser als sonst. Sibylle Egloff
Bea Webers Hoflädeli läuft in Coronazeiten noch besser als sonst. Sibylle Egloff

Immer wieder öffnet sich an diesem Samstagmorgen die Türe von Bea Webers Hofladen in Spreitenbach. Ausgerüstet mit Einkaufskörben und -taschen sowie teilweise mit Mundschutz und Handschuhen betreten die Kunden das Geschäft. Weber steht bereits seit den frühen Morgenstunden auf den Beinen. Schliesslich hatte sie etliche ihrer berühmten Zöpfe und Zopfbrote zu backen. «140 Kilo Mehl verarbeite ich jede Woche», sagt Weber. Fast jede Kundin und jeder Kunde verlässt das Lädeli mit einem Zopf. Und wenn nicht, sorgt Weber dafür, dass wenigstens ein Gratis-Weggli in die Körbe kommt. 

«Wir haben seit Ausbruch des Coronavirus doppelt so viele Kunden wie sonst», sagt die 72-Jährige. Bei ihr sei aber auch vor der Krise viel losgewesen. «Ich musste noch nie ein Inserat aufgeben, die Leute kommen einfach, weil sie zufrieden mit den Produkten sind.» Dass es so gut laufe, habe sie aber auch ihren  Helfern zu verdanken. «Ohne sie geht es nicht», sagt Weber. Die Spreitenbacherin betreibt das Geschäft seit gut 50 Jahren, fast so lange, wie sie schon mit ihrem Mann Otto verheiratet ist. Mittlerweile führt Sohn Peter den Hof. Doch wer ins Hoflädeli kommt, merkt schnell: Hier hat Bea Weber das Sagen. Energetisch und immer mit einem kessen Spruch auf den Lippen kümmert sie sich um die Kundschaft.

Eier, Äpfel, Kartoffeln und Gemüse verkaufen sich am besten

«Momentan besuchen uns nicht nur Stammkunden, sondern auch viele Leute, denen es bei den Grossisten zu hektisch ist», sagt Weber. Die Krise habe eben auch etwas Gutes. «Vielleicht bleiben uns danach neben unserer lieben Kundschaft noch ein paar zusätzliche Kunden treu.» Am meisten über die Ladentheke gehen derzeit Eier, Äpfel, Kartoffeln und allerhand Gemüse. «Vielen scheint bewusst zu werden, dass regionale Produkte besser und schmackhafter sind als die industriellen Waren der grossen Detailhändler», sagt Weber. Sie freue sich, wenn sich die Menschen gesund ernähren würden.
Einen Anstieg der Kundenzahl seit der Coronakrise bemerkt auch Tobias Lüscher vom Lüscherhof in Wettingen. «Wir zählen beinahe doppelt so viele Kunden wie üblich», sagt er. «Die Leute scheinen mehr Zeit zum Kochen zu haben», erklärt sich Lüscher den Ansturm. Auch der Umstand, dass die Grenzen zu seien und man nicht mehr in Deutschland einkaufen könne, sorge für mehr Kundschaft. Obst, Gemüse, Eier und die selbst gemachte Salatsauce seien besonders gefragt.

Bis zur Erdbeersaison Mitte Mai ist der Hofladen der Lüschers immer am Samstagvormittag geöffnet. Seit dem Coronanotstand bedient man im Geschäft nur zwei Parteien aufs Mal. «Die anderen müssen draussen warten. Bisher klappt das gut», sagt Lüscher. Er freut sich, dass die Leute aktuell regionale Lebensmittel wiederentdecken. «Gestern sind alle zu uns gerannt, weil es im Migros und Coop keine Eier mehr gab.» Er hofft, dass auch nach der Coronakrise ein paar Neukunden hängenbleiben.

Auch Brigitte und Felix Markwalders Hoflädeli in Würenlos zieht viel mehr Kunden an als sonst. «Der Anstieg der Kundschaft war enorm. Da wir nur unsere eigenen Hofprodukte anbieten und nichts dazukaufen, gehen uns bereits einige Lebensmittel aus», sagt Brigitte Markwalder. Eier, Kartoffeln und Äpfel seien der Renner.

Hauslieferungen für ältere Kunden und Risikopatienten

Speziell ist, dass Markwalders den bedienten Teil des Hofladens geschlossen und die Selbstbedienung erweitert haben. «Wir haben uns aus Platzgründen dafür entschieden. Unser Hoflädeli ist zu klein, um die zwei Meter Abstand einhalten zu können», erklärt Markwalder. Einzig mittels Tröpfchensystem würde der Betrieb funktionieren. Doch das sei zu aufwendig. «Zum Schutze unserer Kunden, Mitarbeiter und unserer Familie verzichten wir derzeit darauf.» 

Und auch nach dem 26. April setzen Markwalders auf die Selbstbedienung. «Solange die Einschränkungen wie Social Distancing gelten, werden wir nichts verändern», sagt Markwalder. Sie dachte, dass der Andrang der Kundschaft nach Ostern nachlassen würde. «Doch nach wie vor kommen sehr viele Leute vorbei, auch ältere Kundinnen und Kunden.» Dies vermutlich, weil der Hof etwas abgelegen ist. «Sie trauen sich wohl noch eher, bei uns einzukaufen als in den grossen Geschäften, wo viel mehr Leute unterwegs sind.» Für solche, die es derzeit aber nicht mehr wagen einzukaufen, und auch für Risikopatienten bieten die Markwalders Hauslieferungen an. «Einige unserer älteren Kunden nehmen das Angebot in Anspruch.» Finanziell zahle es sich nicht aus. Doch darum geht es den Markwalders auch nicht. «Wir machen das aus Solidarität.»

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