Plastik schadet Grüngut

Auch knapp anderthalb Jahre nach Einführung der Kehrichtsackgebühr landet noch immer viel Plastik und Abfall im Spreitenbacher Grüngut. Ein Problem, das auch andere Gemeinden kennen.

In Spreitenbach am Montag eingesammeltes Grüngut. (Bild: Melanie Bär)
In Spreitenbach am Montag eingesammeltes Grüngut. (Bild: Melanie Bär)

Montag kurz vor dem Mittag. Eben haben Mitarbeiter der Firma Obrist Transport und Recycling AG das in Spreitenbach eingesammelte Grüngut auf der Kompostierungsanlage der Firma Leureko AG in Spreitenbach abgeladen. Dort sieht sich Karl Neuhaus das angelieferte Grüngut an und sagt: «Es ist eine Katastrophe.» Mit der Greifzange fischt er leere Aludosen, mit Nägeln beschlagenes Holz, einen mit Abfall gefüllten Sack und einen Haufen Plastik aus dem Grüngut heraus. Den Rest des Tages wird er damit verbringen, das Grüngut von solchem Unrat zu befreien. Nicht selten nehme er aus 6 bis 16 Tonnen angeliefertem Grüngut so viel Abfall heraus, dass er damit einen 900-Liter-Container füllen könne. «Seit in Spreitenbach die Abfallgebühr eingeführt worden ist, hat sich der Plastik im Grünabfall verfünffacht.»

Weniger Kehricht, mehr Grüngut

Rückblick: Im Oktober 2019 hat Spreitenbach als letzte Aargauer Gemeinde eine Sackgebühr eingeführt. Vorgängig hatten sie sich dafür eingesetzt, die fixe Jahresgebühr pro Haushalt beizubehalten. Aus rechtlicher Sicht war das aber nicht mehr zulässig, sodass der Kehricht seither auch in Spreitenbach in gebührenpflichtigen Abfallsäcken entsorgt werden muss. Die Gemeinde erhoffte sich eine bessere Trennung des Abfalls und als Folge weniger Kehricht. Tatsächlich wird heute weniger Material in den Kehricht geworfen, wie Viktor Ott, Spreitenbacher Bereichsleiter Tiefbau und Entsorgung, sagt: «Wir haben noch etwa zwei Drittel der Abfallmenge.»

Was allerdings nicht klappe, sei die richtige Trennung des Grünguts: «Vor allem darin entsorgter Plastik ist ein Problem.» Zwar wird in Spreitenbach seit der neuen Abfallregelung auch für das Entsorgen des Grünguts eine separate Gebühr verlangt, «diese Gebühr ist aber markant kleiner als beim Hauskehricht», sagt Vizepräsident Markus Mötteli. Entsorgen die Spreitenbacher aus diesem Grund teilweise Kehricht im Grüngut? Mötteli glaubt, dass es einen anderen Grund dafür gibt: «Vielen ist einfach nicht klar, was sie im Grüngut entsorgen dürfen, oder sie schmeissen einfach den ganzen (Plastik-)Sack in den Container. Das hatten wir bereits früher, vielleicht hat es mit der Sackgebühr noch zugenommen.»

(K)ein Entsorgen von Speiseresten

Tatsächlich wird auch in anderen Gemeinden Müll im Grüngut entsorgt. Allerdings: Nicht in jeder Gemeinde darf dasselbe Material darin landen. Das hängt nämlich davon ab, mit welchem Verfahren der Kompost entsteht.

In den Gemeinden Spreitenbach und Killwangen wird das Grüngut bei der Firma Leureko kompostiert. «Wenn ich den Plastik und den Abfall herausgelesen habe, wird das Material geschreddert und landet auf diesem Haufen», erklärt Neuhaus und zeigt in den hinteren Teil der offenen Anlage. Dort ruht das Material rund zwölf Wochen, wird gekehrt und am Schluss abgesiebt. Als Kompost gelangt das organische Material wieder in die Natur.

Anders läuft es bei der Firma Kompogas in Otelfingen, wo die Gemeinden Wettingen, Neuenhof und Würenlos ihr Grüngut hinbringen lassen. Das Material wird nach dem Schreddern in einen Behälter mit 30 Meter Länge und 8 Meter Durchmesser gefüllt, in einen sogenannten Fermenter. Darin bleibt es 12 Tage und vergärt. «Wärme und Bakterien lösen das Material auf, sodass wir nach 14 Tagen daraus den fertigen Kompost aussieben können», sagt Marcel Schellenberg, Anlagenleiter in Otelfingen. Im Gegensatz zum Kompostierungsverfahren können bei der Vergärung Küchenreste beigefügt werden. Dies, weil der Prozess nicht wie bei der Kompostierung offen, sondern in einem geschlossenen Behälter abläuft und es keine Ratten oder andere Nagetiere anziehen kann. Zudem ist dieser Gärungsprozess gegen aussen geruchsneutral.

Je städtischer, je mehr falscher Abfall

Ein Problem bleibt unabhängig des Verfahrens: der Müll im Grüngut. «Je städtischer eine Gegend, je mehr Plastik und Abfall finden wir im Grüngut», so Schellenberg. Schon beim Abholen des Grünguts will man dem entgegenwirken. «Entdecken die Mitarbeiter beim Einsammeln Plastik und Abfall darin, lassen sie das Material stehen», sagt Thomas Benz. Er ist Geschäftsleitungsmitglied der Obrist Transport und Recyc­ling AG, die in allen Limmatwelle-Gemeinde das Grüngut einsammelt.

Wegen illegaler Entsorgung wurde in Spreitenbach schon gebüsst. «Allerdings ist mir kein spezifischer Grüngutsünder bekannt», sagt Mötteli. Das Problem bei einer Bussen­ausstellung sei die Beweislast, die bei der Gemeinde liegt. «Bei Entsorgungen von Hauskehricht ohne Gebührensack ist uns dies hingegen schon ein paarmal gelungen», fügt Mötteli an.

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