Pathé-Sprecherin: «Das Kino soll zu einem Reiseziel werden»

Die Kinobranche steht nicht nur wegen Corona, sondern auch aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen unter Druck. Es muss neu erfunden werden, sagt Giulia Griffin, Sprecherin der Kinokette Pathé, die einen Standort in Spreitenbach hat. In Wettingen setzt man indes mit Autokinos auf Nostalgie.

Das Kinderkino und weitere neun Säle sind im Pathé Spreitenbach ab dem 26. August wochentags wieder offen. rb/Archiv
Das Kinderkino und weitere neun Säle sind im Pathé Spreitenbach ab dem 26. August wochentags wieder offen. rb/Archiv

Der Sommer war noch nie ein Garant für volle Kinosäle. Zusätzlich bleiben die Gäste nun wegen des Coronavirus aus. Keine erträgliche Kombination für die Kinokassen. Die Kinokette Pathé reagierte darauf und schloss ihre Multiplexkinos in Dietlikon, in der Mall of Switzerland in Ebikon und in Spreitenbach im «Limmatspot» während der Sommerferienzeit wochentags. Das Spreitenbacher Kino bleibt unter der Woche sogar noch bis am 26. August zu.

«Wir haben entschieden, dass wir wegen lediglich vier oder fünf Gästen pro Tag das 35-köpfige Kinoteam in Spreitenbach unter der Woche nicht aufbieten», sagt Pathé-Sprecherin Giulia Griffin. Die Klimaanlagen würden in dieser Zeit runtergefahren, weniger Lebensmittel müssten bestellt werden: Alles Massnahmen, um die Verluste in Grenzen zu halten. «Unser Ziel ist es, einen möglichst langen Atem zu haben, um die Krise zu überstehen», sagt Griffin. Sie betont: «Wir konnten bisher jeden der über 300 Mitarbeiter halten, das auch dank Kurzarbeitsentschädigung.» Nichtsdestotrotz ist man bei der grössten Schweizer Kinobetreiberin angespannt. «Wir leiden. Die Umsätze sind von heute auf morgen eingebrochen», sagt Griffin. Mit den Vermietern habe man an den einzelnen Standorten überlebenswichtige Konditionen aushandeln können. Beruhigend sei zudem, dass man den französischen Mutterkonzern Pathé Gaumand im Rücken habe, der eine langfristige Strategie fahre.

Bettenkino erschwerte Rückkehr aus Lockdown

Für den Spreitenbacher Standort, den Pathé im Mai 2019 neu eröffnete, sei der Start aus der Lockdownphase nicht leicht gewesen, sagt Griffin. Das liege am VIP-Konzept. «Es ist bei den drei Sälen mit Betten und Sofas schwieriger, den Abstand sicherzustellen, als in einem normalen Kinosaal», so Griffin. Corona mache den Wandel in der Kinobranche nicht einfacher. «Man darf nicht vergessen, dass die Kinobranche bereits seit fünf Jahren aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungen unter Druck ist.» Die Konsumgesellschaft sei eine Erlebnisgesellschaft geworden. «Das Kino muss sich neu erfinden und mehr als ein Filmvorführer sein. Es soll ein Reiseziel werden, wo man hingeht, um seine Freizeit zu verbringen.» In den kommenden Tagen wird Pathé ein neues Produkt lancieren, das diesen Trend aufnimmt. Mehr könne man derzeit noch nicht verraten, so Griffin. Aufgrund dessen und der geplanten Überbauung Tivoli Garten, die das Shoppi Tivoli mit dem Pathé-Kino verbinden soll, blickt Griffin positiv in die Zukunft: «Die Verbindung von Shopping und Kino hat sich am Standort Ebikon bewährt. Wir freuen uns auf dieses Projekt.» Ende August wartet auf die Kinogäste dann der erste Blockbuster seit langem: Der Science-Fiction-Streifen «Tenet» von Christopher Nolan flimmert über die Leinwand. Die vielfach verschobene Verfilmung des Disney-Zeichentrickklassikers «Mulan» wird hingegen gar nicht im Kino, sondern nur auf dem Streamingdienst Disney Plus zu sehen sein.

Während man bei Pathé in die Zukunft blickt, wird man in Wettingen nostalgisch: Bis Sonntag findet auf der Zirkuswiese noch das Allianz-Drive-in-Cinema statt. 200 Autos haben Platz. Es ist nach dem Autokino von Radio Argovia, das vom 18. bis 21. Juni durchgeführt wurde, das zweite Mal, dass auf dem Platz statt Zelte eine Grossleinwand steht. «Wir haben auf 20minuten.ch einen Aufruf gemacht, dass wir zusätzlich zu den uns bereits bekannten Autokinostandorten auf der Suche nach Geheimtipps für kleinere Plätze sind», sagt Eveline Fischer, Mediensprecherin von Allianz-Drive-in-Cinema. Wettingen schaffte es auf die Standortliste. Auf die Besucher warten Blockbuster-, Retro- und Arthouse-Filme, so zum Beispiel der Oscar-gekrönte Musikfilm «La La Land» oder die Neuauflage des Disney-Klassikers «Der König der Löwen». «Die Filme werden in der Synchronfassung gezeigt und sind via UKW-Frequenz auf dem eigenen Autoradio zu hören. Wer sie nicht empfangen kann, dem wird ein tragbares UKW-Radio zur Verfügung gestellt», so Fischer.

Die ursprünglichen Open-Air-Kinos, die in Zürich und Basel unter dem Namen Allianz Cinema organisiert werden, wurden durch das Veranstaltungsverbot von Anlässen über 1000 Personen verunmöglicht. «Um unsere Existenz zu sichern, mussten wir eine alternative Form finden. Das ist uns mit dem Drive-in-Cinema-Konzept gelungen», sagt Daniel Frischknecht Knörr, COO-Schweiz von Cinerent AG, die die Allianz-Drive-in-Cinema-Anlässe in Zürich, Basel, Bern und Zug organisiert. Man sei zufrieden und auch stolz, dass man die Autokinos in diesem schwierigen Umfeld und in kürzester Zeit realisiert habe.

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