Die Pandemie verändert die Reiseziele

Andy Wetter vom Reisebüro One Travel International AG in Würenlos und Bianca Gähweiler, Mediensprecherin der Hotelplan Group, erzählen, welche Destinationen diesen Sommer gefragt sind.

Das Reisen ist Andy Wetters Leidenschaft. Hier weilte er in Thailand. zVg
Das Reisen ist Andy Wetters Leidenschaft. Hier weilte er in Thailand. zVg

Die Schweiz öffnete vor knapp zwei Wochen die Grenzen zu den EU- und Efta-Staaten sowie Grossbritannien. Das lässt die Tourismusbranche hierzulande aufatmen. Drei Monate lang musste sie ohne Einnahmen auskommen. Der Lockdown bescherte Reisebüros dennoch viel Arbeit. Annullierungen prägten den Alltag. «Ab dem 11. März blieben bei uns die Buchungen aus. Wir waren bis vor Kurzem nur mit Rückerstattungen beschäftigt», sagt Andy Wetter. Er ist Inhaber des Reisebüros One Travel International AG in Würenlos, das er gemeinsam mit seiner Tochter Sandra führt.

Sie vermitteln zwischen Kunden und Airlines

Von den Kunden würden sie trotz Annullierungen gutes Feedback erhalten. «Wegen der abgesagten Flüge schulden Fluggesellschaften unseren Kunden Tausende von Franken. Wir vermitteln und erkundigen uns, damit sie sich nicht darum kümmern müssen», sagt der 60-Jährige. Er ist sich sicher: «In Krisenzeiten wie diesen werden vielen Leuten die Vorzüge eines Reisebüros oder Reiseveranstalters bewusst. Für Personen, die selbst Flüge gebucht haben, gab es während des Lockdowns beinahe kein Durchkommen. Sie mussten sich durch die Telefonwarteschleifen der Airlines kämpfen und erhielten auch via E-Mail nicht immer Antwort.» Sie als Profis würden spätestens nach 48 Stunden eine Rückmeldung von den Leistungsträgern bekommen, sagt Wetter. Auch wenn Covid-19 dem Tourismus stark zusetzt, erhofft er sich dadurch ein Umdenken der Reisenden und einen Aufschwung für Reisebüros. «In 90 Prozent der Fälle sind wir nicht teurer als Buchungsportale und nehmen Kunden die ganze Arbeit ab. Wer über Reisebüros bucht, hat zudem weniger Sorgen im Falle einer Notlage wie etwa bei dieser Pandemie.» 

Seit drei Wochen würden zaghaft wieder ein paar Buchungen eintreffen, sagt Wetter. «80 Prozent des Umsatzes haben wir verloren, wenn man die Zahlen mit denen von 2019 vergleicht», sagt er. Zu schaffen macht ihm zudem, dass Firmeninhaber ab Juni keine Kurzarbeitsentschädigung mehr erhalten. «Wir sind zum Glück gut positioniert, aber viele Reisebüros werden das nicht überleben.»

«Wer hat Lust, für 14 Tage in Quarantäne zu gehen?»

Die Pandemie führt zu neuen Reisetrends im Sommer. «Griechenland, Portugal und Spanien sind beliebt», sagt Wetter. Gute Familiendestinationen seien die Inseln Kreta, Mykonos, Mallorca und auch die Kanaren. «Doch für uns ist der weltweite Markt wichtig. Im Sommer reisen die Leute häufig in die USA, nach Kanada, Thailand, Singapur, Hongkong oder auf Bali. Doch wir haben wenig Informationen, wann diese Orte wieder uneingeschränkt bereisbar sind.» Es würden zwar bereits einige dieser Ziele angeflogen werden. «Doch wer hat Lust, für 14 Tage in Quarantäne zu gehen?» 

Trotz unsicherer Aussichten blickt Wetter positiv in die Zukunft. Er freut sich auf den 3. Oktober. Dann zieht das Reisebüro One Travel International AG von einem Etagenbüro an die Bahnhofstrasse 8 in Würenlos. «Bisher haben wir unsere Geschäfte zuhause abgewickelt», sagt Wetter. Er hofft, am neuen Standort direkt am Bahnhof Laufkundschaft generieren zu können. Ab Januar werden Vater und Tochter zudem von einer weiteren Person unterstützt. Für Wetter ist klar: «Auch wenn der Virus die Reisebranche derzeit ausbremst, für mich ist es die schönste Arbeit, die es gibt. Ich bereue den Schritt in die Selbstständigkeit vor vier Jahren keine Sekunde.» 

Auch das zur Migros gehörende Reiseunternehmen Hotelplan bahnt sich den Weg zurück in die Normalität. Seit dem 11. Mai stehen das Reisebüro im Shoppi Tivoli in Spreitenbach und die 97 anderen Filialen mit reduzierten Öffnungszeiten den Kunden wieder zur Verfügung. Trotz starker Einbussen sei die Liquidität mit der Migros im Rücken für die Hotelplan Group sichergestellt, sagt Mediensprecherin Bianca Gähweiler. Der Reisekonzern stellt eine Zunahme von Buchungen für Schweizer Ferienwohnungen sowie von Badeferien in Griechenland und Zypern fest. «Neben der Sicherheit auf Schönwetter spielt es bestimmt auch eine Rolle, dass diese Destinationen am Mittelmeer vom Coronavirus weniger stark betroffen waren als etwa Italien oder Spanien», sagt Gähweiler. 

Die Grenzöffnung sei ein wesentlicher Schritt zurück zur Normalität. «Überstanden ist die Krise aber noch nicht.» Beliebte Sommerdestinationen wie Kanada oder die USA seien noch nicht bereisbar. «Ferien mit dem Wohnmobil durch die Staaten sind bei Schweizern besonders gefragt. Sie fallen aktuell noch aus», so Gähweiler. Nicht nur die Reiseziele, sondern auch der Aufenthalt verändere sich durch die Pandemie. «In vielen Hotels wird es bediente Buffets geben, am Strand und Pool hat es mehr Platz, weil die Liegestühle weiter auseinanderstehen. Das ist für die Gäste wohl nicht mal eine schlechte Entwicklung.»

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