In Himmel und Hölle befördert
Nach zwölf Jahren im Gemeinderat, davon acht Jahre als Ammann, zieht Werner Scherer (SVP) kurz vor Amtsende Bilanz. Er spricht über Freud und Leid und sagt, was er heute anders machen würde.

«60 Danksagungen für meine Dienste als Gemeindeammann habe ich seit Bekanntgabe meines Rücktritts per E-Mail, per Post oder persönlich erhalten», sagt Gemeindeammann Werner Scherer (SVP) sichtlich erfreut. Eine Frau habe ihm sogar einen Kuchen gebacken und in den Briefkasten gelegt. «Diese positiven Rückmeldungen sind die schönen Momente, die man als Gemeinde-ammann erlebt.»
In seiner zwölfjährigen Amtszeit als Gemeinderat – seit 2014 als Ammann – gab es auch andere. Als er nach mehrmaligem Hin und Her über seine erneute Kandidatur diesen Juni bekannt gab, sich definitiv nicht mehr für dieses Amt zur Verfügung zu stellen, begründete er dies mit Drohungen und Nötigungen, die er und der gesamte Gemeinderat erhalten hätten. «Und dies nur, weil die eine oder andere Bewilligung nicht erteilt wird», sagte er damals.
Kritik und Lob erhalten
Aufgrund der Schweigepflicht nicht immer informieren zu können, empfindet er im Nachhinein als eine der schwierigsten Aufgaben, die man als Politiker habe. Den Vorwurf, im eigenen Interesse zu handeln, musste sich auch schon sein Vorgänger Alois Greber gefallen und dies stehen lassen. Doch es gebe auch die anderen, meistens leiseren Stimmen aus der Bevölkerung, die solche Kritik nicht goutieren würden und ihm den Rücken stärkten. «Als Politiker muss man damit leben, von den einen in den Himmel hinauf und von den anderen in die Hölle hinunter befördert zu werden», sagt Scherer gefasst. Dann wird er dennoch emotional und fügt an: «Aber als auch das Vertrauensverhältnis selbst im Gemeinderat für mich nicht mehr stimmte und ich befürchtete, dass darunter meine Gesundheit leiden könnte, habe ich mich definitiv entschieden, nicht mehr anzutreten.» Auch jetzt, beim Revue-Passieren seiner Amtszeit, wenige Tage vor dem letzten Tag als Ammann, bereut er diesen Entschluss nicht. Warum das Vertrauensverhältnis nicht mehr stimmte, will Scherer nicht ausführen, sondern sagt nur: «Coronabedingt hat die Kommunikation innerhalb des Gemeinderats gelitten.»
Schnellere Kommunikation
Einige Sachen würde er im Nachhinein anders machen. «Gerade was die Kommunikation betrifft, lege ich meinem Nachfolger ans Herzen, die Bevölkerung wenn immer möglich schnell zu informieren.» Er habe beispielsweise unterschätzt, was seine Kandidatur als Gemeindepräsident und Geschäftsführer der technischen Betriebe im thurgauischen Märstetten vor drei Jahren in der Bevölkerung auslöste. Damals hatte ein empörter Bürger an der Politinfo die Kandidatur an die Öffentlichkeit gebracht. Diese führte zu Kritik an Scherer. Doch als gradliniger und ehrlicher Mensch, wie sich Scherer selbst bezeichnet, steht er dazu und sagt heute: «Es ist Privatsache, wenn sich ein Gemeindeammann, der im Nebenamt angestellt ist, für eine zusätzliche Stelle bewirbt, trotzdem würde ich die Bevölkerung heute von Anfang an darüber informieren.»
Als erfreuliches Kapitel seiner Amtszeit bezeichnet er hingegen die Einführung der Schulsozialarbeit Anfang 2016. «Es hat sich bestätigt, dass dies ein Bedürfnis der Bevölkerung ist und der richtige Schritt war. Gerade Mobbing wird in der Schule immer mehr zum Thema.» Als Teil des gesamten Gemeinderates sei er als Ammann auch bei vielen anderen interessanten und wichtigen Projekten beteiligt gewesen. Als Beispiel nennt er den Um- und Ausbau des Schulhauses Zelgli und des Doppelkindergartens, die Limmattalbahn oder den Limmatsteg mit den beteiligten Gemeinden Neuenhof, Würenlos, Wettingen und Killwangen.
Auch wenn er mit seinem Amtsende nicht mehr so stark in solche Projekte involviert sein wird, so bleibt Werner Scherer nebenamtlich politisch aktiv und führt seine zweite Amtsperiode als Grossrat zu Ende. «Ob ich danach meine politische Karriere beende, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen.» Entschieden hat er indes schon, dass er im nächsten Herbst nochmals als Präsident der Kirchenpflege antreten wird. «Ansonsten würden auch die anderen drei Mitglieder nicht mehr antreten und es gäbe eine Zwangsverwaltung.»
Kein politischer Rückzug
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger will er sich nach seinem Abgang auf lokaler Ebene nicht ganz zurückziehen. «Ich werde mich nach wie vor zu politischen Geschäften äussern, wenn ich es für wichtig halte. Aber immer konstruktiv und sachlich sowie mit dem nötigen Anstand. Das ist mir wichtig.» Beruflich ist Scherer seit diesem Jahr als Delegierter des Verwaltungsratspräsidenten und Beirat bei der MCI Holding AG tätig und diesbezüglich für die Marktentwicklung und die Akquisition zuständig. Er freut sich, diesen Aufgaben nun noch mehr Zeit widmen zu können.