Auch nach neun Jahren hat sie noch einen Kulturschock

Seit neun Jahren ist die Würenloserin Mirjam Markwalder für Médecins Sans Frontières im Einsatz: aus Abenteuerlust. «Aber irgendwann komme ich wieder ganz in die Schweiz zurück.»

Die Würenloserin Mirjam Markwalder (vorne 2.v.l.) im Juni bei der Eröffnung des Spitals in Dungass in Niger.

Die Würenloserin Mirjam Markwalder (vorne 2.v.l.) im Juni bei der Eröffnung des Spitals in Dungass in Niger.

Die Würenloserin Mirjam Markwalder.

Die Würenloserin Mirjam Markwalder.

Nicht das Gehen, sondern das Heimkommen sei zwischen den Einsätzen manchmal schwierig. «Wenn du am Einsatzort ankommst, bist du voll beschäftigt. Beim Heimkommen hingegen bist du erst einmal arbeitslos, hast plötzlich viel Zeit und keine Aufgabe mehr», sagt Mirjam Markwalder. Wer bei Médecins Sans Frontières (MSF) einen Auslandeinsatz macht, ist meist nicht fest, sondern auf Zeit angestellt. Nach jedem Einsatz entscheidet man von Neuem, ob man sich für einen neuen Einsatz bewerben will – oder eben nicht.

«Ich brauche immer ein paar Tage, um Daheim anzukommen», sagt Markwalder, die auf einem Bauernhof in Würenlos aufgewachsen ist und dort zwischen ihren Einsätzen auch wohnt.

Obwohl sie jahrelange Erfahrung hat, trifft sie der Kulturschock immer wieder aufs Neue. Etwa als sie Ende Juni von ihrem zweieinhalbmonatigen Einsatz in Niger nach Genf zurückflog und dort in einem Supermarkt vor einem Kühlregal mit fünfzig verschiedenen Joghurt stand. «In Niger war der Dorfladen ein paar Quadratmeter gross und Auswahl hat man keine. Da fragt man sich dann in der Heimat schon, ob es wirklich 50 verschiedene Joghurt braucht.»

Um sich wieder an die Heimat zu gewöhnen, fährt die 40-Jährige meistens ein paar Tage in die Berge. «Dann lässt die Anspannung nach. Manchmal kommt auch eine Krise.» Für diesen Fall stehen Mitarbeiter von Médecins Sans Frontières für Gespräche zur Verfügung.

Der Austausch mit Leuten, die selber auch Einsätze geleistet haben, reicht Markwalder meistens, um das Gleichgewicht wieder zu finden. Denn sie ist eine bodenständige Person, die nichts so schnell aus der Bahn wirft. Schliesslich hat sie in ihrem Beruf gelernt, sich abzugrenzen. Und auch wenn sie während ihrer Einsätze manchen Schicksalen begegnet, gehen sie ihr nicht so nahe, wie sie es taten, als sie noch in der Schweiz in der Pflege arbeitete.

«Das hat damit zu tun, dass ich bei meinen aktuellen Einsätzen nicht an der Front arbeite und somit auch keine enge Beziehung zu den Patienten aufbaue. Ich bin vor allem mit dem medizinischen Personal in Kontakt.» In all den Jahren sei es auch nie zu gefährlichen Situationen gekommen.

Vom Bauernhof nach Niger

In Niger wirkte sie als medizinische Expertin bei der Eröffnung einer Klinik für Unterernährung und Pädiatrie mit. Markwalder war zusammen mit dem Projektleiter fürs Medizinische und somit auch für Ärzte und Pflegepersonal verantwortlich. Sie hat die Einrichtung der Spitalzimmer organisiert und Geräte und Medikamente bestellt. «In Afrika kann man nicht schnell Medikamente besorgen, wenn sie ausgehen, sondern muss je nach Land manchmal gleich für neun Monate bestellen.»

Im Februar verlässt Markwalder ihr Daheim auf dem Bauernhof bei ihren Eltern wieder und reist für ihren nächsten Einsatz in den Libanon. In der Zwischenzeit arbeitet sie bei der Spitex in Wettingen. «Mit meiner Berufserfahrung ist es zum Glück einfach, für ein paar Monate einen Job zu finden, wenn ich in der Schweiz bin.»

Auf den Libanon freut sie sich ganz besonders, weil sie dann ihren Freund wiedersieht. Sie hat ihn letztes Jahr bei einem Sprachaufenthalt auf einer Skitour kennengelernt. Könnte sie sich vorstellen, irgendwann ganz auszuwandern? «Nein, ich bin sicher, dass ich irgendwann genug habe und wieder in die Schweiz zurückkomme, um hier zu leben.»

Pläne hat sie aber noch keine. Sie nimmt es vorweg. «Ich lebe im Jetzt und mache mir keine Gedanken übers Morgen. Es wird dann schon eine Tür aufgehen, wenn es so weit ist.» Das hat sie schon immer so gemacht und ist auch aus Freude, Abenteuerlust und der Neugierde an anderen Ländern, Sprachen und Kulturen zu diesem speziellen Beruf gekommen.

Was vermisst sie während der Reisen am meisten? «Das tönt jetzt vielleicht komisch, aber es ist nicht die Familie, sondern das Essen», sagt sie und lacht. Sie sei zwar nicht heikel, doch wenn man Tag für Tag das Gleiche esse, weil es nichts anderes gebe, dann sei das mit der Zeit recht eintönig. «Dann freue ich mich wieder auf ein gutes Cordon bleu zu Hause.»

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