«Die Lage ist ernst. Sehr ernst!»

Die Verwaltungsrechnung 2014 schliesst mit einem Defizit. Die Fraktionen diskutierten in der Einwohnerratssitzung mögliche Strategien für die Zukunft.

Der Rechenschaftsbericht soll schlanker und ökologischer werden. Foto: ska
Der Rechenschaftsbericht soll schlanker und ökologischer werden. Foto: ska

«Verzichten Sie bitte auf verwaltungsintensive wahlkampftaktische Vorstösse!», appellierte FiKo-Präsident Christian Wassmer in der Einwohnerratssitzung vom 24. Juni an die anwesenden Politiker. Die Verwaltungsrechnung 2014 sei aufgrund zu optimistischer Prognosen alles andere als erfreulich. «Für die Budgetierung 2016 müssen die beeinflussbaren Kosten um 20 Prozent gesenkt werden», sagte Wassmer: «Meine Damen und Herren: Die Lage ist ernst. Sie ist sehr ernst!» Man müsse sich auf geringere Einnahmen einstellen: «Nur Verzicht bringt Rosen.»

Die SVP werde Geschäfte weiterhin kritisch prüfen, sagte Michaela Huser, damit künftige Generationen vom Schuldenberg nicht erdrückt werden. Auch Orun Palit (GLP) äusserte sich besorgt: Die Steuererträge seien wieder zu optimistisch budgetiert wurden. Die GLP habe das schon letztes Jahr angemerkt: «Wir möchten wissen, was der Gemeinderat hier zu tun gedenkt.» SP/WettiGrüen stellen sich drei Fragen, so Alain Burger: Was passiert mit dem Defizit von 5,5 Mio. Franken im Budget 2016? Was hat es für einen Einfluss auf die laufende Rechnung? Kann die Rechnung 2016 überhaupt noch ausgeglichen daherkommen? Die Fraktion erwarte vom Gemeinderat eine durchdachte Strategie. Ob die Rasenmäher-Methode – einfach 20 Prozent zu sparen – durchgreife, bezweifle die Fraktion EVP, sagte Hanna Läng: «Stutzen ja, aber am richtigen Ort!» Dem stimmte auch Thomas Benz (CVP) zu: Sparen im grossen Stil sei angesagt, auch wenn es wehtue. Man solle aber nicht in Hektik verfallen, sondern weise vorgehen: «Es braucht saubere Abklärungen und Analysen.» Offenbar wurde nicht nur der Einwohnerrat, sondern auch der Gemeinderat vom Ergebnis überrascht – das dürfe in Zukunft nicht mehr passieren. Die BDP sei von der Verwaltungsrechnung nicht überrascht worden, so Michael Merkli. Die Fraktion mache sich auch keine Sorgen über die Verschuldungssituation, da sie ja gewollt sei. Der Rat sei aber zu grosszügig mit Geld- ausgeben gewesen. Auf der Ausgabenseite habe man praktisch eine Punktlandung geschafft – das Defizit stamme aus zwei grossen Posten auf der Einnahmenseite, gab Leo Scherer (WG) zu bedenken. Es würden nun nur Lösungen gefordert, wie bei den Ausgaben gespart werden könne, obwohl dort nicht das Problem liege. Man habe noch Spielraum beim Steuerfuss und solle eher dort – auf der Einnahmenseite – nach Lösungen suchen. Gemeindeammann Markus Dieth bestätigte: Der schlechte Rechnungsabschluss habe tatsächlich nichts mit den Investitionen zu tun. Die Prognose auf der Einnahmenseite sei nicht eingetroffen. Ausser dem Tägi habe der Gemeinderat nun aber keine weiteren Investitionen geplant, diese Phase sei vorbei. Die Strategie des Gemeinderates entspreche der Planung, nach der Investitionsphase die Schulden wieder abzubauen.

Nach der Detailberatung nahmen die Einwohnerräte die Verwaltungsrechnung 2014 einstimmig ohne Enthaltung an.

Der detaillierte Rechenschaftsbericht 2014 stiess nicht bei allen auf Anerkennung. Die SVP reichte ein Postulat zur Kürzung ein. Die SP unterstützte dieses. Orun Palit wünschte sich eine elektronische Ausgabe oder zumindest einen Druck auf Recycling- statt auf Hochglanz-Papier. «Wir nehmen uns das zu Herzen», versprach Markus Dieth. Nachdem in der Detailberatung noch zahlreiche Fragen geklärt oder zur späteren Beantwortung deponiert werden konnten, nahmen die Einwohnerräte den Rechenschaftsbericht 2014 einstimmig an.

FiKo-Vertreter Philipp Bürgler leitete das Traktandum «Einführung eines Natur- und Bewegungskindergartens» ein. Der Gemeinderat hatte einen Umsetzungsvorschlag auf der Tödiwiese vorgelegt, da die Umsetzung im Wald aufgrund der gesetzlichen Grundlage des Lägernschutzdekrets nicht möglich ist. Die angespannte Finanzlage Wettingens mache eine Umsetzung unter den erarbeiteten Bedingungen aber unmöglich.

Postulant Robin Bauer erklärte, dass er und Patrick Bürgi das Postulat 2011 mit guten Gedanken und ohne aufwendige Bedingungen eingereicht hätten. Negative Punkte und Widersprüche in der Vorlage sehe er unter anderem in der ablehnenden Grundhaltung von Gemeinderat und Schule zu dem Geschäft: «Unter diesen Voraussetzungen ist es sehr schwierig, so etwas umzusetzen.»

Die Fraktionen SVP, EVP, CVP, FDP, BDP und GLP waren aus finanziellen, eigenverantwortlichen, bedürfnisorientierten, strukturellen, rechtlichen und praktischen Gründen gegen die Einführung eines Natur- und Bewegungskindergartens.

Die SP wolle einen Rückweisungsantrag beliebt machen, erklärte Lea Schmidmeister, da weitere Standortabklärungen möglich wären: «Wir sind immer noch der Meinung, dass es möglich wäre, einen Natur- und Bewegungskindergarten in Wettingen einzuführen.» Der Rückweisungsantrag wurde mit 9 Ja- bei 33 Nein-Stimmen abgelehnt. Die Einwohnerräte stimmten anschliessend mit 35 Ja-Stimmen ohne Nein-Stimmen und 7 Enthaltungen gegen die Einrichtung eines Natur- und Bewegungskindergartens.

 

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