Schützenverein lockt Publikum an

Unter «Blinden- und Sehbehinderten-Schiesssport» können sich wohl die Wenigsten etwas Genaues vorstellen. Deshalb hat der Schützenverein Wettingen-Würenlos am Samstag einen Demo-Anlass mit einer erfolgreichen Schützin organisiert.

Selbst bei einem 25-köpfigen Publikum kann sich Schützin Claudia Kunz-Inderkummen konzentrieren. Trainer Heinz Reichlin (weisses Shirt) unterstützt sie.Foto: ska
Selbst bei einem 25-köpfigen Publikum kann sich Schützin Claudia Kunz-Inderkummen konzentrieren. Trainer Heinz Reichlin (weisses Shirt) unterstützt sie.Foto: ska

Wenn Claudia Kunz-Inderkummen durch die unterirdische 10-Meter-Schiessanlage in Wettingen läuft, fällt sie unter den rund 25 Besuchern des Demo-Anlasses nicht auf – sie kennt die Anlage in- und auswendig. Umso verblüffter sind die Anwesenden, als ihr Trainer erklärt, dass die Schützin auf dem rechten Auge noch ein Restsehvermögen von fünf und auf dem linken Auge von gerade noch ein bis zwei Prozent besitzt.

«Klingt ganz schön dramatisch», lacht Kunz-Inderkummen unbekümmert und legt das Gewehr an. Die Schützin hat gut lachen – obwohl sie erst vor zweieinhalb Jahren mit dem Schiesssport begonnen hat, schlägt sie inzwischen sämtliche Rekorde und rangiert in der schwierigsten Position – stehend frei – im Top-Niveau.

Im Januar gewann sie in England am Grand Prix den Eröffnungswettkampf und belegte im Final den zweiten Rang. An der Schweizer Meisterschaft in Bern kurz darauf hat sie mit einem neuen Schweizer Rekord gewonnen. Und dass das nicht nur Glück war, hat sie eine Woche später an der Kantonalmeisterschaft in Zürich mit einem erneuten Rekord bewiesen. 14 Tage später nahm sie in Österreich in drei Disziplinen jeweils alle drei Medaillen mit nach Hause. «Aber ich habe auch einen guten Trainer», unterbricht Kunz-Inderkummen an dieser Stelle die Lobeshymne von Heinz Reichlin.

Für solche hervorragenden Ergebnisse trainiert sie nämlich auch entsprechend: Vier bis fünf Mal pro Woche bis zu drei Stunden. Heinz Reichlin von den Sportschützen Wettingen-Würenlos trainiert sie seit einem halben Jahr. Wie gut die beiden trotz dieser kurzen Zeit zusammenarbeiten, sieht man nicht nur an den Ergebnissen, sondern auch am Demo-Anlass selbst. Nachdem Reichlin den interessierten Besuchern – die meisten davon selber Schützen – die Technik erklärt hat, zeigt das Team, wie ein Wettkampf aussieht. Kunz-Inderkummen stellt sich in Position, schiesst ein paar Mal, gibt ihrem Trainer Anweisungen, damit er das akustische Zielfernrohr kalibriert und trifft dann fast ohne Ausnahme ins Schwarze. Oder besser gesagt ins Weisse: Im Blinden- und Sehbehinderten-Schiesssport ist die Zielscheibe nämlich umgekehrt aufgebaut – aussen dunkel und in der Mitte hell. Eine zusätzliche Lampe beleuchtet die Zielscheibe. Das ist nötig, denn auf dem Gewehr befindet sich statt Korntunnel und Diopter ein Umwandler, der die Lichtverhältnisse auf der Scheibe misst und in ein akustisches Signal umwandelt. Je näher der Schütze der Mitte der Zielscheibe – dem hellsten Punkt – kommt, desto höher wird der Ton, den er im Kopfhörer hört.

Zu Vorführzwecken durftendie Besucher, unter ihnen auch Gemeinderat Roland Kuster,am Samstag mithören: «Uuuueeeiieeeiiiiiii» und Peng! Kunz-Inderkummen hat abgedrückt und ein 4,5-mm-Bleigeschoss abgefeuert. Mit einem Handzeichen auf Arm und Rücken zeigt Trainer Reichlin der Schützin an, was sie auf dem Monitor selber nicht sehen kann: Wie nah an der Zehn sie war und wohin genau auf der Zielscheibe sie geschossen hat: «So kann sie sich mental ein Schussbild zusammenbasteln», erklärt Reichlin. Eine Zehn misst auf dieser Zielscheibe gerade mal 11 mm – die ganze Scheibe 16,5 cm. Dennoch – nach etwa dreimal Einschiessen sagt Kunz-Inderkummen mit Bestimmtheit: «Es Zähni.» Reichlin bestätigt: Es war sogar eine 10,6. Die Zuschauer klatschen verblüfft und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus, als die fast blinde Schützin anschliessend praktisch jede Kugel im Zehnerbereich platziert. Claudia Kunz-Inderkummen ist in ihrem Element.

 

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