Erste einstimmig angenommene Steuerfusserhöhung

Die Einwohnerräte machten sich vergangenen Donnerstag auf eine lange Sitzung gefasst, denn auf der Traktandenliste stand der Voranschlag 2015.

«Der Geist des Sparens ist aus dem Voranschlag 2015 nicht mehr herauszulesen», kritisierte Christian Wassmer, Präsident der Finanzkommission, denn der halbe Steuermehrertrag durch die vorgesehene Steuerfusserhöhung von 92 auf 95 Prozent sei bereits für anstehende Investitionen verplant. Die Erhöhung selbst sei lange angekündigt worden: «Das ist für niemanden eine Überraschung.»

Bei der Eintrittsdebatte äusserten die Fraktionen Lob und Bedenken betreffend Voranschlag. Die GLP stimme dem Voranschlag 2015 zu, so Orun Palit, kritisiere aber, dass die Mehreinnahmen gleich wieder zunichte- gemacht würden: «Wo bleibt der Wille zu sparen? Wo bleibt der Blick auf die hohe Verschuldung?» Die GLP finde, dass die Gemeinde die Verschuldung zu wenig angehe, sagte Palit weiter: «Das macht uns grosse Sorgen.» Die GLP reichte daher eine Interpellation ein, dass der Gemeinderat die Gemeindefinanzen einem Stresstest unterziehen solle. Der GLP gleich tat es auch die BDP, wie Michael Merkli erläuterte, denn die Prognosen seien zu optimistisch gehalten: «Die Steigerungsraten bei privaten Steuererträgen wurden in den letzten Jahren nie erreicht.»

Auch die Fraktion SVP wertete die Prognosen als zu optimistisch. «Wir von der SVP sind besorgt über die finanzielle Entwicklung in Wettingen», sagte Thomas Wolf. Dennoch stimmte die SVP der Steuerfusserhöhung und dem Budget geschlossen zu.

Auch die FDP unterstützte den Voranschlag, so Martin Egloff: «Es ist nicht viel Korrekturpotenzial vorhanden.»

Thomas Benz erklärte, dass die CVP zwar für Eintreten sei, aber: «Die Einstimmigkeit der Fraktion bedeutet, dass alles im Voranschlag richtig ist, aber nicht, dass die Fraktion mit allem einverstanden ist.» Er kritisierte, dass das vermeintliche Sparen der letzten Jahre nur ein Verschieben und Verzögern war.

EVP und SP/WettiGrüen unterstützten das Budget, und Patrick Neuenschwander (SP) erklärte, ähnlich wie Thomas Benz, dass die Gemeinde zurzeit einfach aufgeschobene Investitionen einholen würden, die früher als Sparen durchgegangen waren. «Auch die Standortattraktivität der Gemeinde nur am Steuerfuss zu messen, ist unserer Meinung nach falsch», so Neuenschwander weiter.

Der Grundtenor lautete somit, dass die Fraktionen zwar hinter dem Budget stehen, aber besorgt sind über die finanzielle Entwicklung der Gemeinde, die bis 2018 von einer Verschuldung von rund 120 Mio. Franken ausgeht. Gemeindeammann Markus Dieth jedoch sieht die Zukunft optimistischer: Ab 2020 sei bereits wieder ein Finanzierungsüberschuss in Sicht, erklärte er, und appellierte an die Ratsmitglieder: «Ich bitte Sie, die Wolken nicht schwärzer zu machen, als sie sind.»

In der anschliessenden Detailberatung, die sich über gute drei Stunden hinzog, stellte Christian Wassmer die FiKo-Anträge vor. So stellte die FiKo unter anderem den Antrag, einen Budgetposten von 10000 Franken für Mobiliar im Schulhaus Zehntenhof zu streichen. EVP und SP verteidigten den Posten – er sei für Unvorhergesehenes gedacht, da Schulhaus und Team noch neu seien. Der Streichungs-Antrag wurde dennoch mit 31 Ja- bei 15 Nein-Stimmen angenommen und der Posten somit gestrichen. Ähnlich verhielt es sich beim Posten für Verdunkelungsstoren im Schulhaus Altenburg. Dieser wurde von den Gegnern als unverhältnismässig hoch beurteilt – die Befürworter jedoch argumentierten, dass es sich dabei um die gleichen Installationen wie in den anderen beiden Aulen handle. Aber auch dieser Streichungs-Antrag wurde mit 25 Ja- bei 21 Nein-Stimmen angenommen.

Auch der Budgetbetrag von 16500 Franken für ein Abfalltrennungs-Schülerprojekt wurde mit 26 Ja- bei 17 Nein-Stimmen aus dem Voranschlag gestrichen. Kirsten Ernst (SP) erläuterte zwar, dass im Aussenbereich der Schule keine einfachen Abfalltonnen verwendet werden könnten, sondern ein im Boden verankertes Entsorgungssystem notwendig sei. Wassmer konterte aber mit der Überlegung, dass Luxuslösungen wie diese der Grund für die Zunahme des Sachaufwands um 14 Prozent seien.

Ein weiterer Diskussionspunkt waren wie schon oft die Kinderkrippen. Die FiKo fordere eine stufenweise Erhöhung des Kostendeckungsgrades, so Wassmer. Der Budgetbetrag sei um 98400 Franken zu reduzieren. An dieser Stelle wehrte sich Leo Scherer (SP/WettiGrüen) mit vehementen Worten: «Ich darf im Namen meiner Fraktion jetzt laut ausrufen!» Das Elternbeitragsreglement sei rechtlich geregelt und es gebe keine Handhabe für motionswürdige Punkte, wie sie Wassmers Fraktion (CVP) schon zu früheren Zeitpunkten vorgebracht habe. Der Budgetposten könne nicht einfach gestrichen werden. Das Projekt laufe auch erst ein Jahr, und es gebe noch keine Erfahrungsbasis, um die Entwicklung absehen zu können. 2010 sei das Reglement beschlossen und die Kompetenz dem GR übertragen worden – das Elternbeitragsreglement könne somit nicht über das Budget geändert werden. Der FiKo-Antrag auf Reduktion des Budgetpostens wurde dann auch nach erschöpfter Diskussion mit 20 Ja- bei 26 Nein-Stimmen abgelehnt.

Bei der Schlussabstimmung zum Voranschlag 2015 stellte Thomas Wolf für die SVP den Antrag, die Lohnerhöhungen gemäss geltendem Landesindex von den im Voranschlag aufgeführten 1,5 auf 1 Prozent zu reduzieren. Gemeindeammann Markus Dieth stellte aber richtig, dass im Budget nur der Lohnerhöhungsrahmen festgelegt werde – dieser geht von 0 bis 1,5 Prozent. Es handle sich aber nicht um eine generelle Lohnerhöhung um 1,5 Prozent, sondern diese werde individuell erstellt. Nach dieser Erklärung wurde der SVP-Antrag mit 9 Ja- bei 34 Nein-Stimmen abgelehnt und der Voranschlag 2015 bei einem um 3 Prozent erhöhten Steuerfuss von neu 95 Prozent in einem beinahe historischen Moment zum ersten Mal einstimmig angenommen.

Auch das Kreditbegehren von 6550000 Franken für die Werkleitungs- und Strassensanierung der Rebbergstrasse Süd, Schönenbühlstrasse Nord und der Weizenstrasse wurde mit 38 Ja- bei 6 Nein-Stimmen genehmigt, obwohl die SVP einen Rückweisungsantrag stellte. Der Antrag um Rückweisung und Überarbeitung des Kreditbegehrens wurde aber mit 8 Ja- bei 34 Nein-Stimmen abgelehnt.

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