Vierter Versuch: Bekommt Spreitenbach endlich eine Sackgebühr?

Am Politapéro hat die Gemeinde über das überarbeitete Abfallreglement und die Müllsackgebühren informiert.

Abfallsackgebühren wollten Spreitenbacher bisher keine bezahlen. (Symbolbild/AZ Archiv)
Abfallsackgebühren wollten Spreitenbacher bisher keine bezahlen. (Symbolbild/AZ Archiv)

Drei Mal haben die Spreitenbacher die Einführung einer Abfallsackgebühr schon abgelehnt. Damit ist Spreitenbach die letzte Gemeinde im Aargau, die noch keine Sackgebühr hat. Jetzt hat die Gemeinde einen vierten Versuch gestartet.

Am vergangenen Freitagabend informierte sie die Bevölkerung am Politapéro darüber und traf dabei auf grosses Interesse. Denn eigentlich ist eine verursachergerechte Verrechnung der Abfallentsorgung vom Bundesgericht vorgeschrieben. Wobei die Möglichkeit besteht, eine Gebühr für Volumen oder Gewicht einzuführen.

Die meisten Gemeinden entscheiden sich für eine Verrechnung pro Volumen mit Abfallsackgebühren. «Weil das die einfachere und günstigere Variante ist», erklärt Gemeindepräsident Valentin Schmid. Bis anhin bezahlen die Spreitenbacher ihren Abfall nach Wohnungsgrösse.

Letzer Vorschlag war Bevölkerung zu teuer

An der Gemeindeversammlung vergangenes Jahr wurde der vorgeschlagene Sackpreis von 2 Franken pro 35-Liter-Sack bei einer Grundgebühr von 75 Franken zurückgewiesen.

Die Begründung: zu teuer. «Im neusten Vorschlag haben wir die Sackgebühr etwas gesenkt», sagt Valentin Schmid. Bei einer Grundgebühr von 70 Franken soll ein 35-Liter-Sack nun 1.90 Franken kosten.

Im Moment zahlen Bewohner einer Dreizimmerwohnung 180 Franken im Jahr. «Mit der vorgeschlagenen Variante fahren diese Haushalte günstiger, wenn sie pro Woche einen 35-Liter-Sack verwenden», erklärt Valentin Schmid.

Recycling fördern 

Schliesslich ist die Einführung der Sackgebühr auch eine erzieherische Massnahme: Wer sparen will, muss Abfall trennen. Bislang landet viel Recyclingmaterial in Spreitenbach direkt im Abfall. «Während im Schnitt im Kanton 44 Prozent des Abfalls verbrannt wird, sind es in Spreitenbach 70 Prozent», sagt Valentin Schmid.

Das wolle die Gemeinde ändern. Wobei sich die Gemeinde vorbehält, für die Grundgebühr einen Preis zwischen 45 und 100 Franken festzuhalten, damit diese angepasst werden kann.

«Es ist schwierig, zu sehen, wie die Sackgebühr die Abfallentsorgung in der Gemeinde beeinflussen wird», so Valentin Schmid. Daher könnte es sein, dass in zwei bis drei Jahren bereits eine Preisänderung vorgenommen werden müsste.

Grüngut nicht gratis entsorgen

Die Grüngutentsorgung soll ebenfalls geregelt werden: Eine Jahresmarke für einen 120-Liter-Container soll 60 Franken kosten. «Es gibt noch Gemeinden, die Grüngut gratis entsorgen, aber das ist ein rechtlicher Graubereich», sagt Valentin Schmid. Schliesslich gehört das Grüngut ebenfalls zum Siedlungsabfall und muss gemäss Bundesgericht verursachergerecht verrechnet werden.

Dafür verzichtet die Gemeinde vorerst auf eine weitere Stelle für das Entsorgungsteam. Auch der Antrag für ein zusätzliches Kleinfahrzeug, für die Leerung der öffentlichen Abfallsammelstellen, wurde aus dem Antrag entfernt. «Allerdings haben wir es im Budget 2019 aufgenommen», so Valentin Schmid.

Denn die Gemeinde befürchtet, dass die Einführung der Sackgebühr zu vermehrtem Littering führen wird. Diese Angst teilten auch die Anwesenden. «Bei unserer Bevölkerungsstruktur wird viel mehr Siedlungsmüll in den öffentlichen Abfällen entsorgt werden», gab eine Anwesende zu Bedenken.

Valentin Schmid stimmte ihr zu, gab jedoch zu bedenken, dass dafür weniger Abfall aus anderen Gemeinden in Spreitenbach landen würde. «Im Moment werfen immer wieder Personen aus Nachbargemeinden ihren Abfall in Spreitenbacher Container», so Schmid. Nach der Einführung einer Sackgebühr wäre dies nicht mehr möglich.

Hohe Grundgebühr schmerzt weniger

Ein Anwesender fand, dass eine höhere Grundgebühr in Spreitenbach angebracht sei. Denn die meisten Bewohner würde ein hoher Preis für Abfallsäcke schmerzen, während sie die hohen Grundgebühren meist gar nicht wahrnehmen würden.

Ob es beim vierten Mal klappt, wird sich an der Einwohnergemeindeversammlung am 27. November zeigen. Lehnt die Bevölkerung das Abfallreglement erneut ab, wäre Spreitenbach nicht mehr gesetzeskonform.

Dann könnte ein Bürger klagen, oder der Kanton greift ein und bestimmt ein Abfallreglement für Spreitenbach. Valentin Schmid: «Je nachdem könnte das kantonal bestimmte Reglement aber Nachteile bringen.» So könnten beispielsweise in diesem Fall die Preise mit der Industrie nicht geklärt sein und der Gemeinde dadurch finanziellen Verlust bringen.

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