Gemeinderat: Der Kapo-Posten muss bleiben

Im Rahmen der Reorganisation der Kantonspolizei Aargau ist vorgesehen, 8 der 17 Posten zu schliessen. Auch denjenigen in Spreitenbach. Der Gemeinderat ist gegen die Schliessung. Er befürchtet, dass der Regionalpolizei Wettingen-Limmattal Mehraufgaben – auch ausserhalb ihrer Zuständigkeit – entstehen würden.

Kapo 2020 Das neue Standortkonzept der Kantonspolizei sieht die Schliessung des Postens Spreitenbach vor. Symbolbild: NI
Kapo 2020 Das neue Standortkonzept der Kantonspolizei sieht die Schliessung des Postens Spreitenbach vor. Symbolbild: NI

Die Kantonspolizei (Kapo) war vor rund zehn Jahren im Rahmen des Projekts «Horizont» letztmals neu organisiert worden. Mit dem Projekt «Kapo 2020» soll sie nunden seither veränderten Rahmenbedingungen (gesellschaftliche, technische und rechtliche Entwicklungen) angepasst werden. Das Hauptziel der Reorganisation besteht laut Regierungrat darin, «die Handlungsfreiheit der Kantonspolizei für die proaktive Verhinderung und für die Aufklärung von Straftaten zu erhöhen».

Die Verstärkung der Kriminalpolizei und die Zusammenfassung der Aussendienstabteilungen Kapo Nord, Kapo Ost und Kapo West in einer neuen Abteilung «Stationierte Polizei» auf den 1. Januar 2017 hat der Regierungsrat bewilligt. Bezüglich des neuen Standortkonzepts, das die Reduktion der Kapo-Posten von 17 auf 9 vorsieht, hat das Departement Volkswirtschaft und Inneres die Gemeinden und die Regionalpolizeien eingeladen, Stellung zu nehmen. Nach Vorliegen der Stellungnahmen wird der Regierungsrat voraussichtlich gegen Ende 2016 über die künftigen Standorte der Kapo entscheiden.

der Kapo-Posten Spreitenbach soll geschlossen und in den Stützpunkt Baden integriert werden. Das ist für die lokale Sicherheit von Relevanz. Denn als sich per Ende 2012 die Regionalpolizei (Repol) Spreitenbach mit der Gemeindepolizei Wettingen zur Repol Wettingen-Limmattal zusammengeschlossen hatte, wurdendie Aufhebung des Repol-Postens Spreitenbach (bis auf ein Einmannbüro im Gemeindehaus) und die Integration der Regionalpolizisten in den Stützpunkt Wettingen beschlossen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil sich in Spreitenbach noch der Kapo-Posten befindet.

Nach der jetzt vorgesehenen Schliessung dieses Kapo-Postens hätte es von Wettingen bis an die Grenze zu Dietikon beziehungsweise zum Kanton Zürich keine stationäre Polizei mehr.

In seiner Stellungnahme zuhanden des Departements Volkswirtschaft und Inneres weist der Gemeinderat Spreitenbach darauf hin, dass die Limmattalgemeinden mit über 51000 Einwohnern eine sehr hohe Bevölkerungsdichte entlang der Autobahnhauptachse A1 aufweisen: «Ein dicht besiedeltes Gebiet mit viel Industrie und mit einem grossen Einkaufscenter und entsprechend hoher Kriminalität verliert mit dem Kantonspolizei-Posten die einzige örtlich nahe Polizeistelle. Das erscheint als nicht sachdienlich.»

Gemeindepräsident Valentin Schmid hebt die Kleinkriminalität hervor. Dazu gehören die Ladendiebstähle im Einkaufscenter, die an der Tagesordnung sind: «Heute genügt es, dass ein Kantonspolizist ausrückt, den Dieb auf den Posten nimmt und ihn einvernimmt.»

Die Kapo wird weiterhin für die Abarbeitung und Tatbestandesaufnahme bei Delikten im Bereich des Strafgesetzes verantwortlich bleiben. Nebst Ladendiebstählen gehören auch Sachbeschädigungen, Vandalenakte, Körperverletzungen usw. dazu. «Ohne Posten vor Ort wird die Kapo künftig vermehrt über die Nummer 117 alarmiert», vermutet Schmid, «dann kommt eine Patrouille; das bindet ein Fahrzeug und zwei Polizisten.» Er fragt sich weiter, wo dann die Einvernahme stattfinden wird. In der Shoppingmall? Auf dem Parkplatz?

Der Gemeinderat Spreitenbach befürchtet deshalb, dass der Druck auf die Repol zunehmen wird, sich vermehrt um Kleinkriminalität zu kümmern. Aber: «Die Regionalpolizei Wettingen-Limmattal ist mit dem heutigen Personalbestand nicht in der Lage, kriminalpolizeiliche Aufgaben wahrzunehmen und verfügt über keine diesbezügliche Vereinbarung mit der Kantonspolizei», schreibt er in seiner Stellungnahme. Schmid schlussfolgert: «Die Repol könnte diese Aufgabe schon übernehmen, aber es müsste vergütet werden.»

Bereits heute werden laut Gemeinderat über 50% der Erstinterventionen durch die Repol ausgeführt, und dies in 85% aller Fälle innert der angestrebten 15 Minuten nach einem Ereignis. Durch die Schliessung des Kapo-Postens vor Ort entstehe die Gefahr, dass sich die Zahl der Ausrückungen erhöhen wird: «Die Repol als nächste verfügbare Patrouille wird vermutlich im Bereich der Erstintervention auch an Fälle ausserhalb ihrer Zuständigkeit, z.B. bei Ladendiebstählen, aufgeboten», vermutet der Gemeinderat.

Zudem befürchtet der Gemeinderat, dass sich durch den Rückzug der Kantonspolizei aus Spreitenbach der Besucheransturm mit zuständigkeitsfremden Anliegen auf den Ein-Mann-Repol-Posten im Gemeindehaus massiv erhöhen werde: «Ob diese Schalterfrequenz künftig mit einem einzigen Polizisten gewährleistet werden kann, ist fraglich.» Doch diese Nähe zur Bevölkerung mit einer niederschwelligen Anlaufstelle vor Ort sei wichtig, ist Gemeindepräsident Schmid überzeugt: «Die Leute beobachten einen Vorfall, gehen auf den Posten und erstatten Meldung.» Dass sie dafür künftig auf den Kapo-Posten in Baden gehen würden, glaubt er nicht.

Der Gemeinderat Spreitenbach hat in seiner Stellungnahme denn auch klar Position bezogen: «Die Kantonspolizei muss ihren Auftrag vollumfänglich, ohne Leistungseinbusse, erfüllen können. Das ist nur möglich, wenn der Posten der Kantonspolizei in Spreitenbach erhalten bleibt.» Ausserdem dürfe die Regionalpolizei Wettingen-Limmattal durch das neue Standortkonzept nicht mit Mehraufgaben konfrontiert werden. Sie sei für die lokale Sicherheit sowie für die Ruhe und Ordnung im Limmattal (in den Gemeinden Bergdietikon, Killwangen, Neuenhof, Spreitenbach, Wettingen und Würenlos) verantwortlich und müsse für diese Aufgaben vollumfänglich während 24 Stunden zur Verfügung stehen.

Spreitenbach steht mit seiner Sichtweise nicht allein da: «Die Stellungnahmen der anderen Limmattalgemeinden lauten ähnlich», so Schmid. Die Anhörung der Gemeinden brachte demnach eine gewisse Verunsicherung und Unverständnis gegenüber der Schliessung des Kapo-Postens Spreitenbach zutage.

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