Kampfansage dem Hausärztemangel

Weil der Hausarzt Peter Ackle für seine Neuenhofer Praxis keinen Nachfolger fand, eröffnete er im September mit drei Berufskollegen das Doktorzentrum in Baden. Ein Augenschein vor Ort.

Doktorzentrum Iana Storojeva, Peter Ackle und drei weitere Hausärzte arbeiten im Langhaus zusammen.Fotos: bär Moderne Untersuchungszimmer.

Doktorzentrum Iana Storojeva, Peter Ackle und drei weitere Hausärzte arbeiten im Langhaus zusammen.Fotos: bär Moderne Untersuchungszimmer.

Montagmorgen, 7.30 Uhr im Langhaus in Baden. Zwei, drei Praxisassistentinnen sind mit den letzten Vorbereitungen für die Sprechstunde beschäftigt, die ersten Ärzte sind ebenfalls schon da. Doch nicht alle. «Das ist jetzt möglich», sagt Peter Ackle, als er erzählt, dass die jüngste Kollegin vor Arbeitsbeginn ihre Kinder zur Krippe und in den Kindergarten bringt.

Für ihn und seine drei Berufskollegen ist die Rechnung aufgegangen. Gemeinsam haben sie das Doktorzentrum gegründet und damit ein attraktives Angebot für den Nachwuchs junger Hausärztinnen und Hausärzte geschaffen. «In der Hausarztmedizin herrscht der grösste Ärztemangel. Junge Ärzte wollen sich nicht gleich nach der Ausbildung festlegen, eine eigene Praxis übernehmen und sich verschulden.» Der 63-Jährige hat das hautnah zu spüren bekommen, als er vor zwei Jahren einen Nachfolger für seine Praxis in Neuenhof suchte und nicht fündig wurde (die Limmatwelle berichtete). Im Ärztezentrum ist die Suche nach Hausärzten nicht problemlos, aber einfacher, weil man den jungen Berufsleuten eine Anstellung und auf Wunsch auch Teilzeitarbeit anbieten kann. «Das ist beim Führen einer eigenen Praxis nicht möglich.»

Und auch die alten Hasen, die vier Gründerärzte und Hauptgaranten des Doktorzentrums, würden vom neuen Praxissystem profitieren. «Wir können uns austauschen, profitieren vom Wissen des anderen und von den aktuellen Erfahrungen, die junge Ärzte aus ihrer Arbeit im Spital mitbringen», so Ackle. Dafür müsse man sich besser organisieren und könne Dinge nicht mehr zwischen Tür und Angel regeln. Die Krankengeschichten etwa wurden alle in einem einheitlichen elektronischen System erfasst. «Das ist ein grosser Arbeitsaufwand und für uns ältere Ärzte eine technische Herausforderung, die ich in meiner eigenen Praxis – aus Finanz- und Zeitgründen – nicht mehr angenommen hätte. Im Grunde genommen ist sie aber wichtig, wird zunehmend zum Standard und dient der vorgeschriebenen Qualitätssicherung.

Professionalität versus vertraut Auch die Patienten mussten sich umstellen. Einige hatten mit der Grösse der neuen Praxis anfänglich Mühe. Das grosse Wartezimmer – hell und farbig – entspricht nicht mehr dem kleinen heimeligen in Neuenhof.

Am Anfang kämpfte man mit technischen Problemen bei der Telefonanlage, die Patienten muss- ten sich teilweise lange gedul-den, bis sie durchgestellt wurden. Trotzdem haben zwei Drittel von Ackles Patienten den Wechsel von der Einzelpraxis in Neuenhof in die Gemeinschaftspraxis nach Baden mitgemacht. Von der ärztlichen Betreuung habe sich für sie nicht viel verändert. Pro Patient ist immer noch ein Arzt zuständig. Bei Ferienabwesenheit oder im Notfall stehen auch die anderen Ärzte zur Verfügung. «Ich konnte mein eigenes Sprechstundenpensum reduzieren, und vor meiner Pension werde ich meine Patienten auf ihren Wunsch hin einer jüngeren Kollegin übergeben», sagt Ackle.

Doch noch denkt er nicht daran, sondern engagiert sich mit ganzer Kraft im neuen Umfeld. «Wir wollen zeigen, dass dieses patientenorientierte Modell funktioniert, kosteneffizient und auch für Ärzte attraktiv ist», sagt der Hausarzt nicht ohne Stolz.

Mittlerweile ist es halb neun geworden und auch die jüngste Ärztin ist eingetroffen. «Die Arbeit hier gefällt mir sehr gut. Dank regelmässiger Arbeitszeit und der Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten, kann ich Familie und Beruf unter einen Hut bringen», begründetIana Storojeva den Wechsel von der Oberärztin im Kantonsspital Baden zur Hausärztin ins Doktorzentrum.

 

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