Er war der Hüter der Wettinger Reben

Wädi Egloff betreute über vier Jahrzehnte den Wettinger Rebberg – sogar über die Pension hinaus. Nun tritt er in den Ruhestand.

Wädi Egloff <em>war 43 Jahre</em><em> Gemeindewinzer von Wettingen. In dieser Zeit erntete er 259 Tonnen Trauben. Sibylle Egloff</em>
Wädi Egloff <em>war 43 Jahre</em><em> Gemeindewinzer von Wettingen. In dieser Zeit erntete er 259 Tonnen Trauben. Sibylle Egloff</em>

Über der Lägern ist der Himmel wolkenverhangen. Wädi Egloff steht auf der Mooshaldenstrasse, sein Blick schweift durch den Wettinger Rebberg. «Im Mai beginnt wieder die grosse Arbeit», sagt er, als er zwischen den Rebstöcken durchspaziert. 43 Jahre lang betreute er den gemeindeeigenen Weinberg und kümmerte sich um eine Hektare Rebland, verteilt auf acht Parzellen an vier verschiedenen Standorten. Doch dieses Jahr ist Schluss damit. Anfang Jahr hat er die Aufgabe seinem Nachfolger Benedikt Egloff übergeben. Der Chef der Wettinger Klostergärtnerei wird nun auch den Rebberg pflegen.

Wädi Egloff ist seit Ende Dezember 2019 im Ruhestand. Pensioniert wäre der 68-Jährige eigentlich schon vor drei Jahren geworden. «Doch weil sich so schnell keine Fachkräfte fanden, die bereit für den Knochenjob im Rebberg waren, blieb ich so lange wie nötig», sagt Egloff. Der Rebbau habe ihm immer Spass gemacht. «Jedes Jahr war eine neue Herausforderung und ich hatte den Ansporn, die Qualität stets zu verbessern», sagt Egloff. Seinem Nachfolger wird er dieses Jahr aber noch mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Die Leidenschaft für den Weinbau bekam er in die Wiege gelegt. Er wuchs mit 16 Geschwistern auf dem Bauernhof Grafeguet auf. Seine Familie besass einen Rebberg, auf dem sein Bruder Hubert noch heute Weinbau betreibt.

Am 1. März 1977 trat Egloff die Stelle als Gemeindewinzer an. Zuvor war ein Lehrer, der im Wettinger Kloster unterrichtete, im Nebenamt dafür zuständig. Zu seinen Aufgaben gehörten aber auch Grabarbeiten auf dem alten Friedhof und später bei der Brunnenwiese sowie der Winterdienst. Auf Egloff wartete im Rebberg zu Beginn viel Arbeit. «Die Rebstöcke waren alle schon relativ alt und trugen nicht mehr so viele Trauben. Ich musste sie sukzessiv erneuern», erzählt der Winzer. Dieser Schritt lohnte sich. Egloff verbesserte die Qualität der Trauben vorzu. «2019 brachte ich es auf 95 Grad Öchsle bei einem Ertrag von rund 9 Tonnen Trauben.» Insgesamt erntete er in den 43 Jahren 259 Tonnen Trauben. Am meisten Ertrag erzielte er im Jahr 1986 mit 10,4 Tonnen Trauben.

Auf dem Rebland der Gemeinde wachsen die Traubensorten Riesling Silvaner, Cabernet Dorsa und Blauburgunder. Daraus entsteht der bekannte Wettinger Ratsherrenwein. Gepresst, gekeltert und abgefüllt wurde der Wein bis anhin von Egloffs Cousin Meinrad Steimer. Künftig wird die Gemeinde Wettingen mit dem Weingut Jürg Wetzel in Ennetbaden zusammenarbeiten.

Egloff war jedoch auch vor Misserfolgen nicht gefeit. «1981 schaffte ich es aufgrund von Frostschäden mit 1,5 Tonnen Trauben nur auf 10 Prozent der üblichen Menge», erinnert er sich. Auch wenn man viel Mühe und Arbeit in den Rebbau stecke, am Ende sei man auf die Gunst der Natur angewiesen, lautet sein Fazit. «Da ich bei der Gemeinde angestellt war, traf es mich jedoch nicht so hart wie Berufswinzer, die vom Verkauf leben.» 2014 war ebenso kein gutes Weinjahr. «Das damals neue Spritzmittel zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten sorgte für Wachstumsstörungen. Ich hatte einen Ausfall von 50 bis 60 Prozent», sagt Egloff. Zu denken gab ihm in diesen vier Jahrzehnten auch der Konkurrenzkampf in der Weinbranche. «Der regionale Wein verkauft sich immer schlechter. Grund dafür sind die günstigen ausländischen Produkte.»

Den Zwischenfällen zum Trotz brachte Egloff die meisten der 43 Weinjahre erfolgreich über die Bühne. So auch sein letztes. «2019 war erntetechnisch qualitativ und quantitativ eines der besten Jahre. Es ist toll, dass ich meine Arbeit mit einem so positiven Ergebnis abschliessen kann», sagt Egloff. Er freue sich nun, seinen Ruhestand gemeinsam mit seiner Frau Maria zu verbringen. «In den letzten Jahren konnte ich in der Hochsaison zwischen Mai und August nie Ferien machen.» Er geniesse nun diese Freiheit. «Ich kann es lockerer nehmen und bin nicht mehr an Termine gebunden», sagt Egloff. Töff fahren wolle er zum Beispiel. «Und auch mein Jack Russell Chedy hält mich auf Trab.»

Dem Rebberg so ganz den Rücken kehren will Egloff dieses Jahr aber noch nicht. Am Räbhüsli-Sonntig wird er mit Familie und Freunden wieder ein Beizli betreiben und Hamburger servieren. «Dann erfahre ich zudem, wie den Leuten mein letzter Wein schmeckt.»

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