Er trinkt und testet für den WM-Titel

Lukas Porro ist seit April der neue Geschäftsführer von Lägere-Bräu. Aktuell bereitet er sich auf die Weltmeisterschaft der Bier-Sommeliers in München vor, die am 11. September durchgeführt wird.

In seinem Element: Lukas Porro präsentiert ein Guinness O.O.Henry Muchenberger
In seinem Element: Lukas Porro präsentiert ein Guinness O.O.Henry Muchenberger

«Im Abgang ist das Belgian Westmalle Tripel leicht bitter und wenig gehopft», «Dieses Red Ale hat eine wunderschöne Kupferfärbung» oder «Zu diesem Samichlaus-Bier empfehle ich ein kräftiges Dessert, zum Beispiel ein Schokoladenküchlein mit flüssigem Kern». So klang es vergangene Woche am vierten gemeinsamen Treffen der Schweizer Bier-Sommelier-Nationalmannschaft, das in der Lägerebräu-Brauerei auf der Wettinger Klosterhalbinsel abgehalten wurde. Das sie-benköpfige Team degustierte verschiedene Biere und prostete den Anwesenden und der Jury zu. Dies nicht etwa nur zum Spass, sondern als letztes Training vor der Weltmeisterschaft der Bier-Sommeliers, die am 11. September in München über die Bühne gehen wird. Dort messen sich insgesamt 81 Teilnehmende aus 18 Nationen.

Den besten Bier-Sommeliers der Schweiz wurde am Trainingsabend per Los je ein Bier zugeteilt, das sie einem Publikum aus Experten während fünf Minuten vorstellen mussten. Dazu gehörte die Beschreibung des Biers, wie es riecht, wie es schmeckt und wie es aussieht. Doch auch die geschichtliche Einordnung und die dazu passenden Speisen waren gefragt.

Er präsentierte ein alkoholfreies Dosenbier mit viel Begeisterung

Der aktuelle Schweizer Meister Giuliano Genoni aus Capolago im Tessin, Vize-Schweizer-Meister Gregor Völkening aus Affoltern am Albis, Cindy und Petra Elsenblast aus Luzern, Claude Preter aus Oberengstringen und Lukas Porro aus Zürich legten sich ins Zeug. Letzterer hatte ein Heimspiel in den Hallen der Lägere-Bräu. Der 46-Jährige amtet seit April als Geschäftsführer der Wettinger Brauerei. Dass er den Titel nach Hause holen könnte, bewies er am Trainingsabend. Während seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter herkömmliche Biere aus der Flasche präsentierten, musste er als einziges alkoholfreies Guinness 0.0 aus der Dose anpreisen. «Es sieht so dickflüssig aus, dass man es lieber essen als trinken würde», sagte Porro, als er die dunkle Flüssigkeit im Glas betrachtete, und als er am Bier nippte, fand er: «Die Kaffeearomen machen sich breit, man würde nicht meinen, dass es alkoholfrei ist.» Überdies erklärte er dem Publikum auch gleich, was es mit dem Stickstoffkügelchen aus Plastik, das so schön in der Dose lärmt, auf sich hat. «Beim Öffnen löst sich durch den Druckabfall der Stickstoff in der Kugel. Das sorgt für den feinporigen und cremigen Schaum beim Einschenken.»

Die Jury zeigte sich beeindruckt von der Leistung des Drittplatzierten an der Schweizer Meisterschaft 2021. «Du hast die Begeisterung für ein alkoholfreies Bier super rübergebracht und mit Emotionen erzählt», hiess es. Die Jury stellte allen Kandidatinnen und Kandidaten ein gutes Zeugnis aus. «Alle Präsentationen waren mega gut, ihr seid super Vertreter an der WM. Es würde uns nicht wundern, wenn eins oder zwei Podestplätze für die Schweiz drin liegen.»

Auch Porro ist guter Dinge. «Wenn ich mitmache, will ich am Ende des Tages gewinnen.» Aufgrund seiner Erfahrung habe er sicherlich Chancen dazu. Doch er habe auch viel anderes los. «Falls es doch nicht klappen sollte, ist das kein Weltuntergang.» Viel zu tun hat Porro als Lägere-Bräu-Chef. Er ist nun etwas mehr als 160 Tage im Amt. «Ich hatte das Glück, ein gutes Team und gute Strukturen zu übernehmen. Jede und jeder weiss, was ihr oder sein Job ist. Gleichzeitig ist man offen, neue Schritte zu gehen.»

Porro sieht nämlich Potenzial nach oben. «Die Kapazität der Produktion könnte man hochkurbeln.» Aktuell stellt Lägere-Bräu 2100 Hektoliter pro Jahr her. «Möglich wären mit bestehender Infrastruktur bis zu 4000 Hektoliter», sagt Porro. Die Vergrösserung soll aber auf keinen Fall die Qualität des Wettinger Biers verringern. «Diese steht für uns an erster Stelle, daher gehen wir die Sache langsam an. Expandieren werden wir nicht um jeden Preis.»

Vorkoster an den adligen Höfen ebneten den Weg für Sommeliers

Die Welt der Biere eröffnete sich Porro 2007, als er bei Feldschlösschen eine Stelle im Sponsoring- und Event-Bereich übernahm. «Ich habe sogar selbst angefangen, Bier herzustellen.» Doch er habe auch eine dunkle Vergangenheit, verrät der Zürcher mit einem Schmunzeln. «Ich war Stangenbier-Trinker und habe die Biere nach Handballspielen auch mal in grösseren Massen getrunken.» 2017 mauserte er sich endgültig zum Bierversteher. Er absolvierte an der Doemens Akademie in der Nähe von München eine Ausbildung zum Bier-Sommelier und entdeckte so die Vielfalt. «Der Ursprung des Sommeliers liegt beim Vorkoster, der Adelige einst vor einem Vergiftungs-Tod bewahrte, das aber selbst oft mit dem Leben bezahlte», erzählt Porro. Mit der Zeit habe sich die Arbeit des Vorkosters verändert und er habe sich zum Berater weiterentwickelt. «Wie der Wein-Sommelier tun wir das für die Biere. Wir kennen die unterschiedlichen Bierstile und wissen, was gut dazu schmeckt.»

Ein gutes Bier muss für Porro eine gute Balance zwischen den gewünschten Aromen und Ausprägungen enthalten. Eine Rolle spiele aber auch das Ambiente, die Location und die Gesellschaft, in der es konsumiert werde. Ihm sagt das Bier im Vergleich zum Wein mehr zu. «Ob der Wein gut wird, ist unter anderem vom Wetter und dem Öchsle-Grad abhängig. Bier besteht aus den vier Grundzutaten Hopfen, Hefe, Malz und Wasser. Je nach Mischung verändert sich der Geschmack. Bierbrauen ist ein kreativer Prozess», findet Porro. Das scheine auch den Konsumenten zu gefallen. «Spezialitätenbiere werden mehr getrunken. Vor ein paar Jahren nahm das Lagerbier 80 Prozent des Marktanteils ein, heute sind es noch 72 Prozent. Wir hoffen, dass dieser Trend anhält.»

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