Finanzpolitik in der Debatte

Die Einwohnerratssitzung vom letzten Donnerstag stand ganz im Zeichen von Wettingens schwieriger Finanzlage.

Der Einwohnerrat tagt wegen der Coronapandemie seit Längerem im Tägi-Eventsaal. (Bild: Alexander Wagner/Archiv)
Der Einwohnerrat tagt wegen der Coronapandemie seit Längerem im Tägi-Eventsaal. (Bild: Alexander Wagner/Archiv)

Es war fast 23.30 Uhr, als Einwohnerratspräsident Christian Pauli (FDP) die Räte, die Medien und das Publikum in den Feierabend entliess. Davor tagte das Wettinger Parlament in einer Marathonsitzung, bei der es um mehrere heikle Themen ging.

Eines der grossen Traktanden war der Rechenschaftsbericht 2020. Nicht etwa, weil eine Ablehnung des Berichts gedroht hatte, sondern weil die Äusserungen der Fraktionen die Weichen stellten für die diffizile finanzpolitische Debatte, die Wettingen bevorsteht. Dies nach einem schwierigen Coronajahr, dem ein für die Gemeinde historisches Budgetdrama vorausging.

Das positive Finanzergebnis 2020 kommentierte Gemeindeammann Roland Kuster (Die Mitte CVP) vor allem mit Dank: «Eine Gemeinschaft ist nur stark, wenn sie in einer schwierigen Situation zusammenstehen kann, wir haben miteinander bewiesen, dass es geht.» François Chapuis, Präsident der Finanzkommission, relativierte das positive Ergebnis aber. Er verwies auf die weiterhin tiefe Eigenfinanzierung und die hohe Pro-Kopf-Verschuldung. Dieses positive Ergebnis soll man nun noch «ein letztes Mal so richtig geniessen», da die kommenden Jahre alles andere als rosig aussehen würden. Man habe das letzte Mal von einzigartigen Effekten profitieren können. Das sei nun vorbei: «Mir graut es vor der Zukunft», so Chapuis. Wäre Wettingen eine Firma, müsste man sich langsam sagen: «Machen wir den Laden dicht.» Es sei nun an der Zeit, zusammenzustehen und parteiübergreifend nach Lösungen zu suchen. Eine Steuerfusserhöhung alleine werde aber nicht genügen, um die Finanzprobleme Wettingens in den Griff zu kriegen. Dem pflichtete FDP-Fraktionspräsidentin Judith Gähler zu und sagte, es gelte, eine «Vision für Wettingen zu schaffen».

Einzig die GLP und die SVP sprachen sich dezidiert gegen eine Steuererhöhung aus. SVP-Fraktionspräsidentin Michaela Huser sagte, die SVP sei «nicht bereit, auf Vorrat eine Steuererhöhung mitzutragen», diese solle nur das «letzte Mittel» sein. Orun Palit (GLP) sprach davon, man brauche «noch mehr Disziplin» und es gebe noch immer zu viele «Nice-to-have»-Ausgaben.

Weniger Geld für die Exekutive

Beim nächsten Traktandum trat Gemeindeammann Kuster in den Ausstand und verliess den Saal – es ging unter anderem um seinen Lohn: Das Parlament beschloss nach mehr als einer Stunde Diskussion die vorgeschlagene Gehaltskürzung für die Exekutive. Ab 2022 erhält der Gemeindeammann neu 230000 statt die bisherigen 237000 Franken. Die Gemeinderäte erhalten neu 47000 statt 48500 Franken. Auch der Lohn des Vizeammanns wurde gesenkt: von 57600 auf 55000 Franken. SVP und GLP stimmten mehrheitlich gegen die Kürzung. Beide Parteien brachten in letzter Sekunde noch Anträge mit alternativen Vorschlägen ein, die allerdings alle deutlich abgelehnt wurden. Im Vorfeld bezeichnete Orun Palit die geplante Kürzung als «ungenügend» und wies darauf hin, dass auch ein noch stärker gesenkter Lohn immer noch attraktiv sei.

In der Diskussion kommentierte Thomas Egloff (Forum 5430), man hoffe, das Thema der Exekutivgehälter sei nun «endlich vom Tisch». Leo Scherer (WettiGrüen) griff die SVP und die GLP an und sprach von «reiner Missgunstpolitik, die beim Schuldenabbauen gar nichts bringt». Auch Christian Wassmer (Die Mitte CVP) stimmte in die Kritik gegen GLP und SVP mit ein.

HPS-Pavillon, Sonderbauwerke und Kloster Wettingen bewilligt

Die drei Kreditbegehren zum Erweiterungsbau der Heilpädagogischen Schule (HPS), zur Integration des Klosters Wettingen ins «Museum Aargau» und zur Ertüchtigung der Sonderbauwerke wurden allesamt klar angenommen. Lediglich bei der Diskussion um den HPS-Pavillon wurde gelegentlicher Missmut geäussert. So hielt man die Zeitplanung erneut für «sportlich» und es wurden auch ökologische Fragen aufgeworfen. Die Diskussion erschöpfte sich jedoch – auch wegen der fortgeschrittenen Zeit – schnell.

Weitere Artikel zu «Wettingen», die sie interessieren könnten

Wettingen27.03.2024

Mehr Steuergelder eingenommen

Die Gemeinde Wettingen schliesst die Rechnung 2023 mit einem Minus von 200000 Franken. Das ist weniger als budgetiert.
Wettingen20.03.2024

Wettingen will höher bauen

Rund 250 Personen liessen sich im Tägerhardsaal über die Gesamtrevision der allgemeinen Nutzungs­planung informieren. Klar ist: Wettingen wird weiterhin…
Wettingen20.03.2024

Hartnäckigkeit wird geschätzt

Drei Berufsleute gaben Eltern Einblick in die Anforderungen während der Lehre und den Weg dorthin.