Pauli auf GLP-Kritik: «Eine Farçe»

Die Stimmung im Einwohnerrat ist nach dem Rückzug des Forums 5430 alles andere als rosig. Besonders in der Kritik steht die GLP. Diese wiederum schiesst zurück.

Hier fliegen manchmal die Fetzen: Die letzte Einwohnerratssitzung im Tägi. (Bild: Robin Schwarz)
Hier fliegen manchmal die Fetzen: Die letzte Einwohnerratssitzung im Tägi. (Bild: Robin Schwarz)

Es brodelt in der Wettinger Politik. Mit dem Rückzug des Forums 5430 aus dem Wettinger Parlament ist der Ratsbetrieb in das Diskursfadenkreuz geraten.

Die Kleinpartei hatte an der Medieninformation unter anderem ihren Frust über gewisse Prozesse im Einwohnerrat kundgetan. Zusätzlich hatte sie moniert, die Coronapandemie würde die Zwischenmenschlichkeit erschweren, da beispielsweise die überparteilichen Kontakte nach der Einwohnerratssitzung fehlen würden. Auch die Fraktionspartnerin EVP pflichtete bei. Beide Parteien sparten dabei nicht mit Kritik an der GLP und der SVP und deren Exponenten in der IG Wettingen, die den Ratsbetrieb immer öfter stören würden: Durch schlechtes Benehmen und Obstruktion.

FDP und Die Mitte CVP auch mit Kritik

Nun stimmen aber weitere Parteien in die Kritik ein. «Auch die Fraktion FDP beobachtet, dass der Ton im Rat aggressiver und die Positionen härter geworden sind», sagt FDP-Fraktionspräsidentin Judith Gähler. Die Coronapandemie habe durch das Fehlen zwischenmenschlicher Kontakte tatsächlich auch den Ratsbetrieb erschwert und es sei bis anhin nicht gelungen, das Fehlen zu kompensieren. Die Entwicklungen im Rat seien aber nicht alle auf die Coronapandemie zurückführen, so Gähler.

Auch Die-Mitte-Fraktionspräsident Christian Wassmer äussert Unzufriedenheit: «Es ist tatsächlich so, dass einzelne Exponenten sich nicht um konstruktive Kompromisse bemühen, sondern den populistischen Weg einschlagen mit unzähligen, nicht mehrheitsfähigen Vorstössen oder Dauerbashing des Gemeinderats.» Wassmer fügt hinzu: «Es wäre sicher nicht schlecht, würden sich einige an ihr Gelübde, die Wohlfahrt der Gemeinde Wettingen zu fördern, erinnern.» Die Ratsarbeit wird durch «fundamentalistisches Ablehnen» erschwert, sagt Wassmer, wünscht sich aber auf der anderen Seite, dass neue Forderungen mit der Reduktion von aktuellen, nicht prioritären beziehungsweise strategischen Angeboten kompensiert werden.

GLP schiesst scharf zurück

Insbesondere die im Vorfeld kritisierte GLP gibt die Kritik zurück. Ruth Jo. Scheier, GLP-Fraktionspräsidentin, schreibt: «Auch die GLP-Fraktion bedauert, dass der Ton im Einwohnerrat immer persönlicher und unsachlicher wird.» Der Vorwurf, die GLP und die SVP würden den Ratsbetrieb lahmlegen, weist sie entschieden zurück, dieser werde «wohl eher durch das ganze Hickhack gegen die GLP lahmgelegt, während man in schon fast arbeitsverweigernder Haltung kein Interesse hat, auf die politischen Inhalte einzugehen». Weiterhin schreibt sie von einer «Alle-gegen-die-GLP-Politik», die zulasten der Sachpolitik gehe.

Schliesslich richtet Scheier Kritik an Einwohnerratspräsident Christian Pauli. Man würde sich von ihm wünschen, «souveräner, sachlicher und unparteiischer» einzugreifen. Das sei eine Entwicklung, die sich aber im Ratspräsidium in den letzten Jahren abgezeichnet habe. Ein weiterer Vorwurf der GLP an die Adresse Paulis: «Zu oft missbraucht er leider sein Amt, um seine persönliche Meinung kundzutun und unerwünschte Statements zu diskreditieren.» So habe Pauli beispielsweise an der vorletzten Einwohnerratssitzung eine Fraktionserklärung der FDP zugelassen, deren einziger Inhalt es gewesen sei, die GLP zu diskreditieren, ohne sonstigen politischen Inhalt, so Scheier.

ER-Präsident Pauli: «Absolut haltlos»

Diesen Vorwurf findet Einwohnerratspräsident Christian Pauli (FDP) «absolut haltlos», wie er auf den Angriff gegenüber der Limmatwelle sagt. Er verstehe seine Aufgabe im Rat sachpolitisch und erhalte diesbezüglich immer wieder Zustimmung von allen Seiten. «Die damalige Fraktionserklärung der FDP war regelkonform und somit zulässig», begründet Pauli.

Er versuche, als Einwohnerratspräsident so neutral wie möglich zu sein, und sei sich auch nicht zu schade, gegen die eigene Fraktion zu entscheiden.

Die Kritik sei eine «Farce» der GLP-Fraktion, die sich «betupft» fühle, weil Pauli die Regeln des Ratsbetriebs aufrechterhalten möchte, während mehrere GLP-Politiker und -Politikerinnen schlecht vorbereitet seien oder sich nicht an die Regeln hielten, was bedeute, dass er intervenieren müsse. Er gibt die Kritik zurück und nennt das Vorgehen der GLP «unnötiges und für Wettingen unwürdiges Wahlkampfgeplänkel». Um die verfahrene Lage zu lockern, könnte sich Pauli auch vorstellen, zu einem runden Tisch mit allen Fraktionspräsidenten einzuladen.

SP sieht es weniger dramatisch

Weniger problematisch sieht die Stimmung die Fraktion der SP/WettiGrüen: «Wir nehmen die Stimmung im Rat und besonders in der Fraktion nicht so negativ wahr.» Man könne den Frust des Forums 5430 aber nachvollziehen: «Wir regen uns manchmal ebenfalls auf über Leerläufe und Profilierungsgebaren gewisser Leute oder Gruppierungen», sagt SP/WettiGrüen-Co-Präsidentin Christa Camponovo.

Dennoch seien in einem «demokratischen System die Meinungen und Vorstösse aller zuzulassen, auch wenn sie uns nicht passen». Camponovo weiter: «Dem entgegentreten können wir nur mit besseren Argumenten und einem anderen Verhalten», man müsse sich selber immer wieder die Frage stellen, ob die eigenen Beiträge «konstruktiv und im Dienst der Sache sind». Den Ratsbetrieb als solchen wolle die Fraktion SP/WettiGrüen «nicht schlechtmachen».

«Er ist, wie er ist», so Camponovo. Insbesondere in der eigenen Fraktion sei die Stimmung durchaus «gut und konstruktiv». Im Hinblick auf die Wahlen – und in Bezug auf die Aussage des Forums 5430, wonach der Ratsbetrieb «eher abschreckend» auf neue Kandidaten und Kandidatinnen sei – sagt Camponovo: «Es ist wichtig, auch die spannenden und sinnstiftenden Seiten der Parlamentsarbeit aufzuzeigen.» Die Stimmung bei der Fraktion SP/Wetti­Grüen sei auch deshalb gut, weil man die Pandemiemassnahmen begrüsse und sich damit arrangiert habe.

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