Trübe Aussichten für das Tägi im Jahr 2021

Tägi-CEO Marco Baumann rechnet mit einem Verlust von über 1 Million Franken im Geschäftsjahr 2020. Die Folgen der Pandemie bekommen die Gäste des Sport-, Freizeit- und Eventzentrums dieses Jahr stark zu spüren.

Geschäftsleiter Marco Baumann hofft, dass das Tägi im März wieder aufgehen kann. Gaby Kost
Geschäftsleiter Marco Baumann hofft, dass das Tägi im März wieder aufgehen kann. Gaby Kost

Keine vergünstigten Einzeleintritte für Auszubildende und Senioren, kein Teilbetrieb für Schul- und Nachwuchstrainings während des zweiten Lockdowns und Freibadsaisonschluss bereits Ende August. Die Massnahmen des Tägi, um die Verluste im Coronajahr 2020 abzufedern, sind einschneidend. «Doch sie sind leider nötig. Wir müssen aufgrund der schwierigen Lage auf die Kosten schauen und hoffen auf das Verständnis unserer Gäste», sagt Geschäftsführer Marco Baumann.

Trotz Sparmassnahmen und Kurzarbeit haben die Einbussen und Einschränkungen wegen der Pandemie ein grosses Loch in die Kasse des Tägi gerissen. «Der betriebliche Umsatz ist 2020 um 2,5 bis zu 3 Millionen Franken eingebrochen. Das Tägi zählte 2020 nur 195000 Besucherinnen und Besucher. Normalerweise sind es rund 400000 Gäste», sagt Baumann. Er rechnet deshalb mit einem Minus von über 1 Million Franken. «Nach der zweijährigen Sanierung haben wir uns die Eröffnung 2020 anders vorgestellt. Über 80 Betriebstage, rund 100 Anlässe im Eventbereich wie auch die Aktivitäten zum 975-Jahr-Jubiläum von Wettingen mit zehntägigem Open-Air-Konzert und Lunapark im Tägi mussten abgesagt werden. Das Fondue-Chalet mussten wir vorzeitig abbauen. Das tut weh.»

Als junge Firma belasten die Verluste das Tägi besonders stark

Die Gastronomie-, Event und Tourismusbranchen leiden am meisten unter der Krise. «Das Tägi stützt sich genau auf diese drei Bereiche. Der Sport- und der Freizeitbetrieb sind immer defizitär. Die Gastronomie und die Events bringen dem Tägi normalerweise den benötigten Deckungsbeitrag, um die Anlage betrieblich kostendeckend zu betreiben», sagt Baumann. Seit 2018 wird das Tägi eigenständig in einer AG geführt. «Die neue Rechtsform bietet zahlreiche Vorteile, um die Anlage nach betriebswirtschaftlichen Kriterien führen und vermarkten zu können. Als junge Firma belastet uns die aktuelle Krise mit den hohen Verlusten jedoch besonders stark. Wir konnten zwar Kurzarbeit anmelden, wurden bisher aber aufgrund der öffentlichen Beteiligung von den Coronahilfspaketen ausgeschlossen», erklärt Baumann. Er und sein Team seien deshalb in den kommenden Jahren stark gefordert.

Um ein weiteres Jahr mit roten Zahlen abzuwenden, hat die Geschäftsleitung mit dem Verwaltungsrat Sparmassnahmen eingeführt: Der Betrieb bleibt bis Ende Februar komplett geschlossen – auch für Schulen und Vereine. «Zum Schutz der Mitarbeitenden und der Gäste und vor allem auch aus wirtschaftlicher Sicht verzichten wir auf einen Teilbetrieb für Schul- und Nachwuchstrainings. Mit einem Bruchteil der Eintritte und ohne Gastronomie und Events lässt sich die Anlage nicht weiter betreiben, ohne weitere massive Verluste einzufahren», sagt der Tägi-CEO. Man versuche, ein Maximum an Energie zu sparen. Dazu wird das Eisfeld abgetaut. «Die für Juni und Juli geplante Revision im Hallenbad wird vorgezogen, damit die Anlage im Sommer, wenn die Fallzahlen hoffentlich wieder tiefer sind, möglichst uneingeschränkt genutzt werden kann.»

Das ist wichtig, schliesslich reduziert sich die Freibadsaison um drei Wochen. Die Geschäftsleitung hat beschlossen, das Gartenbad eine Woche später zu öffnen und schon Ende August statt Mitte September zu schliessen. «Im September 2020 erzielten wir trotz sehr heissem Wetter nur einen Umsatz von 5000 Franken. Da ist ein Betrieb unter den aktuellen Voraussetzungen nicht mehr verhältnismässig.» Dies liegt an den hohen Fixkosten für Personal, Energie, Reinigung und Unterhalt. «Das führt dazu, dass die Kosten bei 100 Besuchern pro Tag fast gleich hoch sind wie bei 2000 Besuchern pro Tag», sagt Baumann. Auch bei den Eintrittspreisen kommt es zu Anpassungen. Neu zahlen Studenten, Auszubildende sowie Senioren für einen Einzeleintritt nicht mehr 6 Franken, sondern wie alle anderen Erwachsenen 8 Franken. Die Abschaffung sorge zum einen für Mehreinnahmen und vereinfache zum anderen den Prozess der Ausweiskontrollen, so Baumann. «Bisher kam es häufig zu langen Gesprächen an der Kasse, wenn Studenten oder Senioren ihre Ausweise nicht vorweisen konnten.» In den allermeisten Betrieben würden solche vergünstigten Tarife gar nicht mehr existieren, betont der Geschäftsführer. Festhalten will man an den reduzierten Abonnementstarifen für Auszubildende und AHV-Bezüger.

Optimierungen gibt es auch beim gastronomischen Angebot. Zudem wird beim temporären Personal eingespart. «Da wir mit 28 Festangestellten bereits knapp besetzt sind, müssen sich die Mitarbeitenden keine Sorgen machen, dass wir im Team Stellen einsparen werden», sagt Baumann. Gestrichen sind für dieses Jahr überdies Neuanschaffungen. «Wir verzichten unter anderem darauf, neue Tische und Stühle für den Eventsaal anzuschaffen. Das in die Jahre gekommene Multifunktionsfahrzeug fürs Gartenbad wird ebenso nicht ersetzt», sagt Baumann. Sonst bestehe glücklicherweise kein Bedarf an Erneuerungen, da die Anlagen gerade erst saniert worden seien. Baumann wünscht sich, dass das Tägi im März mit den bewährten Auflagen wieder aufgehen kann. «Wir sind auf Unterstützungsleistungen angewiesen und hoffen auf die neuen Härtefallpakete.» Im Eventbereich erwartet man nur eine langsame Erholung. «Die Wohn- und Baumesse 2021 ist abgesagt. Die Aargauische Berufsschau im September dürfte nach heutigem Stand durchführbar sein», so Baumann. Der Pandemie kann er trotz allem Positives abgewinnen. «Die Situation hat unser Team zusammengeschweisst. Für künftige Krisen sind wir bestens vorbereitet.»

Die Tägi AG steht in engem Austausch mit dem Gemeinderat

Die Gemeinde Wettingen steht hinter der Entscheidung der Tägi-Geschäftsleitung. «Die Situation ist alles andere als erfreulich. Es macht in diesen schwierigen Zeiten Sinn, diverse Sparmassnahmen zu prüfen und, wo möglich, auch umzusetzen. Vor allem dort, wo der Leistungsauftrag der Tägi AG einen Handlungsspielraum gibt», sagt Gemeindeammann Roland Kuster (CVP), der als Verwaltungsratspräsident des Tägi amtet. Für Studenten und AHV-Bezüger verweist er auf die für Einheimische noch immer stark verbilligten Spezialtarife für Saisonabonnemente. Kuster kann die Schliessung der Anlagen bis Ende Februar verstehen. «Diese Massnahme ermöglicht es, fällige Revisionen vorzuziehen, die ansonsten eine Schliessung des Hallenbads im Sommer nötig gemacht hätten.»

Als Eigentümerin des Tägi trage die Gemeinde neben den wirtschaftlichen Aspekten auch die Verantwortung für die Gesundheit der Mitarbeitenden, auch deshalb könne man die Schliessung nachvollziehen, so Kuster. Man sei sich bewusst, dass die Tägi AG wie viele andere Firmen wegen der Pandemie und deren Folgen stark gefordert sei. Um stets auf dem aktuellen Stand zu sein, stehe der Gemeinderat in sehr engem Austausch mit dem Verwaltungsrat der Tägi AG.

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