Verabschiedung einer Tradition

Es ist Herbst und damit endlich Kürbiszeit. Die Kürbisausstellung der Familie Lienberger in Spreitenbach steht bereit. Das Kürbisfest fällt allerdings aus – für immer.

Reto Lienberger vor seinen Kürbissen: Bis zu 150 Tonnen erntet er pro Jahr. Rinaldo Feusi
Reto Lienberger vor seinen Kürbissen: Bis zu 150 Tonnen erntet er pro Jahr. Rinaldo Feusi

Gelb, grün, orange; süss, nussig, fruchtig; Suppe, Gnocchi, Kuchen. Der Kürbis ist ein Alleskönner. Und seine Zeit hat begonnen. Immer im Herbst wird das Gemüse geerntet. Berühmt für ihre Kürbisse ist die Spreitenbacher Familie Lienberger. 120 bis 150 Tonnen ernten sie jährlich und bringen sie an die Käuferschaft. Und das Gemüse wird immer beliebter. «Wenn man einen mitnehmen will, kann man das machen. Wir verkaufen alle», erklärt Reto Lienberger. Über die Jahre wurde die Ausstellung so bekannt, dass ein Kürbisfest daraus entstand. Dieses wird jedoch nie wieder stattfinden, wie der Meisterlandwirt zum ersten Mal öffentlich mitteilt.

Zu gross, zu umständlich

Vor drei Jahren fand das letzte Kürbisfest statt. Es war von Beginn weg eine Erfolgsgeschichte. Die ersten Ausgaben hatten ein paar Hundert Besucherinnen und Besucher. Die Gastgeber konnten gemeinsam mit freiwilligen Helfern ein gediegenes Fest veranstalten. Sich mit den Gästen austauschen, sich Zeit nehmen. Innert weniger Jahre ist der Anlass dann so stark gewachsen, dass die Veranstalter nichts mehr vom Fest hatten – ausser einer vollen Kasse. 2019 kamen während zwei Tagen über 5000 Besucher. «Einige Gäste warteten zwei Stunden auf eine Kürbissuppe. Wir realisierten, dass der kritische Punkt erreicht war», sagt der Meisterlandwirt. Fürs Kässeli sei es ein sensationeller Anlass gewesen. «Aber wir machten es nie wegen des Geldes. Sonst würden wir es weiterführen», resultiert er. Reto und seine Frau Barbara entschlossen sich dazu, das Fest nicht mehr durchzuführen. Eine Tradition, die verschwindet. Aber damit auch Platz für Neues macht. Ideen für weitere Anlässe hätten sie genug.

Geschichte des Kürbis: Von der neuen Welt zur Eroberung Europas

Die Maya in Mittelamerika bauten Kürbis schon vor über 10000 Jahren an. Sie assen ihn aber nicht – oder nur im Notfall. Sie brauchten den Kürbis als Nährstoff-Lieferant für Mais. «Milpa» nennt sich das Landwirtschaftssystem der Ureinwohner. Es bezeichnet die Mischkultur von Mais, Bohnen und Kürbis. Der Kürbis wurde zwischen der Mais- und der Bohnensaat gepflanzt. Seine grossen Blätter schützten den Boden vor Erosion. Wenn er seine Lebensspanne erreicht hatte, liess man ihn verderben. Dadurch lieferte er wichtige Nährstoffe über den Boden an Mais und Bohnen. Die Bohnen wiederum nutzten den Mais als Rankhilfe und lieferten ihm Stickstoff und schieden ein Enzym aus, das Schädlinge fernhielt. Man vermutet, dass der bei uns bekannte Gartenkürbis erst im 15. Jahrhundert den Weg nach Europa fand. Der Flaschenkürbis wiederum wächst in Europa seit jeher. Er wurde allerdings nicht zum Verkehr verwendet, sondern diente als Zierfrucht oder getrocknet als Behälter.

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