Als Revolutionär macht er Veganes schmackhaft

Remo Scholz startete sein veganes Catering Ché Vegara vor acht Jahren, als Veganismus noch unbekannt war. Der Koch freut sich, dass er heute nicht mehr als Aussenseiter gilt.

In seiner Gastroküche in Spreitenbach kocht Remo Scholz seit acht Jahren Veganes für Anlässe.Sibylle Egloff
In seiner Gastroküche in Spreitenbach kocht Remo Scholz seit acht Jahren Veganes für Anlässe.Sibylle Egloff

Die verblüffende Ähnlichkeit von Remo Scholz mit dem Revolutionär Ché Guevara auf dem Plakat neben dem Eingang seiner Gastroküche in der Spreitenbacher Industrie ist gewollt. Scholz nennt sein veganes Catering-Unternehmen «Ché Vegara». «Als ich mich im Oktober 2013 selbstständig machte, war die vegane Ernährung tatsächlich noch etwas Revolutionäres», sagt der 45-Jährige. Er habe nach einem Firmennamen gesucht, der auch Nicht-Veganern ins Auge springe.

«Ché Guevara ist vielen Leuten sympathisch. Auch wenn sie nichts mit veganem Essen anfangen können, so gefällt ihnen zumindest der Name. Diese Aufmerksamkeit war mir wichtig, damit man mich nicht sofort als Körnlipicker und Spinner abstempelt», erklärt Scholz. Heute sei Veganismus zum Glück mitten in der Gesellschaft angekommen. Viele könnten die Idee der nachhaltigen Lebensweise verstehen, auch wenn sie selbst nicht vegan leben würden.

Scholz gibt Sojamilch zur Mehlmischung in der Teigmaschine. «Ich stelle heute einen veganen Zopf für meine Familie her», sagt der Koch. Vor allem für Hochzeiten und Geburtstage bereitet er für seine Kunden massgeschneiderte Gerichte und Buffets zu. «Ich habe keine grosse Angebotskarte. Ich rede mit meinen Kunden und finde heraus, was sie mögen.» Einige hätten bereits ganz genaue Vorstellungen und würden ihm Rezepte geben, die er nachkochen soll. «Ich mache das gerne, denn das ist eine Herausforderung für mich», sagt Scholz.

«Bei einem veganen Buffet ist niemand ausgeschlossen»

Viele seiner Auftraggeber sind Veganer oder Vegetarier. «Manchmal sind es aber auch einfach Leute, die empathisch sind und beim Essen niemanden ausschliessen wollen», sagt Scholz. «Kocht man einen Schweinebraten, können Veganer, Vegetarier, aber auch Personen, die bestimmten Religionen angehören, nicht mitessen. Es werden weitere Gerichte nötig. Das ist bei einem veganen Buffet nicht der Fall.» Zu Scholz’ Spezialitäten gehören zum Beispiel Chili sin carne oder orientalische Eintöpfe.

Vor acht Jahren entschied sich Scholz dazu, auf tierische Produkte zu verzichten. Davor lebte er bereits zwei Jahre vegetarisch. «Ich war als Kind sehr tierlieb, doch erst im Erwachsenenalter wurde mir klar, dass für meine Ernährung kein Tier sterben oder leiden soll.» Sein Schlüsselerlebnis war der Besuch auf einem Gnadenhof. «Dort können Tiere leben, ohne uns Menschen nutzen zu müssen. Die Begegnung mit einem Stier, der zuvor Jahre lang an der Kette hing und sich endlich frei bewegen konnte, hat mich berührt.» Scholz begann, die Fleisch-, Eier- und Milchindustrie zu hinterfragen. «Kühe geben nur Milch, wenn man sie dauernd schwängert, und männliche Küken werden geschreddert, weil sie keine Eier legen. Ich wollte das nicht mehr länger unterstützen.»

Zusammen mit seiner Frau stellte er die Ernährung um. «Als Paar ist es einfacher, man kann sich gegenseitig helfen», findet Scholz. Bald darauf kam ihm die Idee für sein veganes Catering. «Mir geht es nicht darum, die Moralkeule zu schwingen. Ich möchte die Leute über gutes Essen erreichen. Dann merken sie von selbst, dass es tierische Produkte gar nicht mehr braucht.»

Wegen der Coronapandemie hat Scholz schon seit längerem keinen Anlass mehr bekochen dürfen. «Ich bin froh, dass ich noch ein Teilzeitpensum als Sozialpädagoge habe und mir als Einmannbetrieb keine Sorgen um Mitarbeiterlöhne machen muss.» Eine Zeit lang habe er zu 100 Prozent auf das Catering gesetzt. «Doch als Familienvater jedes Wochenende weg von zuhause zu sein, war für mich auf Dauer unbefriedigend», sagt Scholz, der mit seiner Frau und seinem Sohn in Lenzburg lebt. Nichtsdestotrotz hat Scholz Fixkosten, die er nun mit dem ersparten Betriebskapital decken muss. «Wenn die Aufträge auch im ganzen Jahr 2021 ausfallen, sieht es schlecht aus.»

Als «Herr Vegara» entwickelt er vegane Produkte

Doch der 45-Jährige bleibt positiv. «Im Moment habe ich Zeit, andere Projekte voranzutreiben.» Dazu gehört die Marke «Herr Vegara», unter der Scholz und ein Kollege vegane Produkte entwickeln. Zwei Mandeldrinks werden derzeit im Biohandel und zum Beispiel im Reformhaus Libergy in Dietikon angeboten. Das sollen aber nicht die einzigen bleiben. Scholz freut sich, dass die vegane Ernährung diesen Januar mit der Aktion Veganuary beworben wird. «Es ist toll, dass Menschen dazu motiviert werden, unvoreingenommen einen Monat lang veganes Essen auszuprobieren.» Grosshändler würden Hand bieten, da sie viele vegane Produkte im Sortiment haben. «Die Leute werden dazu ermuntert, von der langweiligen 0815-Küche mit Fleisch und Beilagen wegzukommen.» Für Scholz ist klar: «Veganismus ist kein Verzicht, sondern eine Chance, neue Horizonte bezüglich Geschmack, Kreativität und Vielseitigkeit zu entdecken.»

Veganuary

Die Kampagne der gemeinnützigen Organisation Veganuary animiert Menschen weltweit dazu, sich im Januar rein pflanzlich zu ernähren. Daher leitet sich der Name «Veganuary» aus einer Komposition von «vegan» und «January», dem englischen Wort für Januar, ab. Damit das Ziel erreicht wird, unterstützt die Organisation die Teilnehmenden mit Rezepten und Informationsmaterial. Seit 2014 haben über eine Million Personen aus 192 Ländern die vegane Ernährungsweise ausprobiert. In der Schweiz engagiert sich die Vegane Gesellschaft Schweiz für den «Veganuary» und ermutigt Lebensmittelhändler, die Auswahl pflanzlicher Produkte auszuweiten. (sib)

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