Eine Umfrage zeigt: Die Trauben der Region sind heuer früher reif

Auch für die Winzer ist 2020 ein spezielles Jahr. Nicht nur wegen Corona, sondern weil wetterbedingt früher als sonst geerntet wurde.

Die Klostergärtnerei ist für die Wettinger Gemeindereben verantwortlich, auf dem Bild Katrin Weixler. zVg
Die Klostergärtnerei ist für die Wettinger Gemeindereben verantwortlich, auf dem Bild Katrin Weixler. zVg

«Ich war gerade im Weinberg spazieren, die Reben und die Natur geben mir Kraft», sagte Karin Jaeggi vor einer Woche. Sie und ihr Mann gehören zu den ersten Einwohnern, die letztes Jahr Aktien der Weinstern AG gekauft hatten. Das neu gegründete Unternehmen will seine Aktionäre am Weinjahr teilhaben lassen. Wegen Corona mussten diverse Anlässe abgesagt werden. Das herbstliche Weinlesen mit den Aktionären konnte hingegen durchgeführt werden. «Leider konnte ich nicht mithelfen», sagt Karin Jaeggi. Stattdessen sah sie zu, als die Trauben angeliefert und deren Gewicht und Öchslegrad bestimmt wurden. «Die Freude der Winzer mitzuerleben, war eindrücklich», sagt Jaeggi. «Man spürt ihr Herzblut und merkt, dass der Wein in Wettingen zur Kultur gehört.»

Auch für die Mitarbeitenden der Wettinger Klostergärtnerei war die diesjährige Traubenernte etwas Spezielles. Zwar betreuen sie seit Jahren die 1000 Rebstöcke im Klostergarten. Dieses Jahr ist jedoch die mit ihren 1,2 Hektaren zwölfmal so grosse Rebenfläche der Gemeinde Wettingen hinzugekommen. Dies, nachdem Walter Egloff, der die Reben 40 Jahre lang für die Gemeinde Wettingen betreute, letztes Jahr in Pension ging. «Die grösste Herausforderung ist, zur richtigen Zeit genügend Mitarbeitende für die vielfältigen Rebarbeiten, vor allem für die Laubabreiten und die Traubenernten zur Verfügung zu haben. Denn die Reben geben den Zeitpunkt vor und die Arbeit lässt sich schlecht weit im Voraus festlegen», sagt Beni Egloff, Leiter der Klostergärtnerei. Zwei Wochen früher als üblich wurden die Trauben in Wettingen dieses Jahr geerntet. «Das hat dazu geführt, dass einige der vorher angefragten freiwilligen Helfer noch in den Ferien weilten und wir die Trauben ohne ihre Hilfe geerntet haben.» Geklappt hat es trotzdem. Auch dank Walter Egloff, der auch als Pensionär noch fleissig im Rebberg mithilft und das Klosterteam mit Rat und Tat unterstützt. «Ein Glücksfall», so Beni Egloff: «Wädys Erfahrung ist unbezahlbar.»

Klostergärtner und Weinstern AG sind zufrieden mit der Qualität

Innerhalb dreier Tage haben sie neun Tonnen Trauben abgelesen. Daraus wird mehr als 6500 Liter Gemeindewein in vier Sorten entstehen. Mitgeholfen haben nicht nur die freiwilligen Helfer, sondern auch das Kloster-Winzerteam, das aus vier Gärtnerinnen und Gärtnern besteht. In ihrer Freizeit besuchen sie den Rebbaukurs an der landwirtschaftlichen Schule Ebenrain in Sissach. Zwei von ihnen absolvieren gerade den Kelterkurs am Forschungsinstitut für biologischen Landbau. «Gutes Fachwissen und Erfahrung und etwas Glück sind die Voraussetzung für gesunde Reben» so Egloff.

Bis vor 200 Jahren gehörte der Grossteil der Rebberge in Wettingen zum Besitztum des Klosters. Der Wein war ein wichtiges Gut und gemäss Klosterregeln standen jedem Mönch täglich drei Deziliter Wein zu. Dass sich heute, fast 200 Jahre später, dieselben Leute um die Reben und die Klostergärten kümmern, sei besonders schön, findet Egloff: «So schliesst sich der Kreis wieder.» Zufrieden ist der Klostergärtner auch mit der ersten Ernte. «Ertrag und Qualität sind gut und der Wespenfrass fiel glimpflicher aus, als wir erwartet haben.»

Das bestätigt auch Marco Bieri, Geschäftsleiter der Wettinger Weinstern AG. «Sowohl die Ertragsmenge als auch die Qualität sind sehr gut», so Bieri. Trotzdem sei der Firmenstart wegen der covidbedingten Herausforderungen, wie die Absagen diverser Anlässe, zur Herausforderung geworden.

Christian Steimer ist der Betriebsleiter des Steimer Weinbaus in Wettingen. Er habe alle Trauben bereits abgelesen. «Wir sind etwa einen Monat früher fertig als im Vergleich mit anderen Jahren.» Er blickt auf eine sonnenreiche Saison zurück. «Es war etwas zu trocken. Darunter haben vor allem die jungen Reben etwas gelitten», sagt er. Junge Reben hätten noch nicht so lange Wurzeln und seien auf das Regenwasser angewiesen.

Die Wespen waren überall dieses Jahr – auch in den Reben

Auch den Reben in Würenlos und Spreitenbach scheint der Sommer gut zu bekommen: Sowohl Reto Lienberger vom Obstgarten in Spreitenbach als auch Martin Wetzel vom Weingut Wetzel in Würenlos sagen, die Trauben seien heuer sehr früh reif gewesen. «Wir haben zwei Drittel schon geerntet», sagt Wetzel. Dafür sei die Qualität der Trauben heuer super: «Der Zuckerwert ist fast zu hoch.» Wespen hatten ihm dieses Jahr zu schaffen gemacht: Also stellte er Fallen auf, um sie einzufangen. Gegen Ende des Sommers hatte er noch Besuch von der Kirschessigfliege. «Deshalb habe ich die Trauben mit Kaolin, einem weissen Pulver, besprüht. Das verdirbt den Fliegen den Appetit auf die Trauben.» Nebenwirkungen auf die Umwelt habe es keine.

Lienberger hatte diese Probleme nicht: «Wir kleiden die Reben mit Insektenschutznetzen ein», sagt er. Aber: Die Ernte sei heuer nicht so umfangreich ausgefallen. Das komme ihm jedoch gerade recht: «Wegen des Coronavirus und den damit ausgefallenen Veranstaltungen haben wir noch viel Wein auf Lager. Da ist es nicht so tragisch, wenn wir heuer nicht so viel produzieren können.»

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