Susanne Voser nimmt Abschied als Gemeindeammann

Nach acht Jahren als Frau Gemeindeammann demissionierte Susanne Voser per Ende November. Was sie danach machen wird, verrät sie im Interview.

Susanne Voser räumt am Freitag ihr Büro im Gemeindehaus Neuenhof. Melanie Bär
Susanne Voser räumt am Freitag ihr Büro im Gemeindehaus Neuenhof. Melanie Bär

Freitagmittag um halb eins. Es ist der zweitletzte Arbeitstag von Susanne Voser als Frau Gemeindeammann. In ihrem Büro stapeln sich Kisten, auf dem Tisch stehen ein Blumenstrauss und Geschenke. Susanne Voser ist am Packen. Trotzdem nimmt sie sich Zeit, der Limmatwelle ein letztes Interview zu geben, bevor sie das Amt auf ihren Wunsch hin am 30. November niederlegt.

Sie sind am Zusammenpacken. Wie geht es Ihnen?

Susanne Voser: Es ist eine Riesentrauer in mir, Abschiednehmen tut immer weh – es ist ein bisschen wie an einer Beerdigung.

Wie meinen Sie das?

Ich liebe die Arbeit als Gemeindeammann. Zusammen mit den anderen Gemeindeammännern konnten wir für unsere Gemeinden, für unsere Region viel bewegen. Viele der Beziehungen sind sehr persönlich und freundschaftlich. Auch die Arbeit in den Kommissionen, den Projektgruppen, mit der Geschäftsleitung und der Verwaltung – all das werde ich sehr vermissen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, nicht mehr in all diesen Gremien vertreten zu sein. Diejenigen, die mich gut kennen, wissen, wie viel Herzblut und Inputs ich in die Arbeit gesteckt habe. Sie bedauern die Entwicklung und meinen Rücktritt. Es herrscht eine grosse Herzlichkeit – und sie haben gesagt, dass sie mich trotzdem noch einladen werden (lacht). Das zeigt, dass es auch für sie schwierig ist, loszulassen. Auch wenn wir nicht immer gleicher Meinung waren – wir hatten auf einer sachlichen, konstruktiven und herzlichen Ebene zusammengearbeitet – anders, als ich es im Gemeinderat empfunden habe.

… und weswegen Sie zurückgetreten sind?

Der Rücktritt war für mich der einzige Ausweg aus dieser schwierigen Situation im Gemeinderat. In der Politik vertritt man unterschiedliche Meinungen, hat verschiedene Ansichten zu Themen. Das ist verständlich und darum geht es auch nicht. Aber das Zwischenmenschliche muss trotz allem stimmen, das ist für mich zentral.

Wie verbringen Sie die letzten anderthalb Arbeitstage?

Heute Freitagabend findet in Würenlos das Weihnachtsessen mit den Gemeindeammännern des Bezirks Baden statt. Und morgen vertrete ich als letzte Amtshandlung die Gemeinde Neuenhof an der Eröffnungsfeier des «Fressbalkens», neu «Freshbalken». Nachher räume ich die letzten Sachen aus meinem Büro.

Was machen Sie danach?

Ich nehme mir eine Auszeit und besuche meine Tochter und Freunde in Portugal. Am 7. Januar steht dann die erste Grossratssitzung im neuen Jahr an, dann komme ich in die Schweiz zurück. Was ich danach beruflich mache, weiss ich noch nicht. Ich muss zuerst wieder herausfinden, was mir Freude macht. Ich stehe an einer Wegkreuzung. Mein Grundsatz ist, mich nicht gleich zu entscheiden, sondern an der Wegkreuzung anzuhalten und mir Gedanken zu machen.

Haben Sie nach der Bekanntgabe des Rücktritts Job-Angebot erhalten?

Ja, das schon. Ich habe einige Gespräche geführt und bin sehr dankbar, dass Leute auf mich zugekommen sind. Das gibt mir die Hoffnung, dass man auch im Alter von über 50 Jahren noch eine Arbeit findet. Aber wie gesagt, ich will mir jetzt Zeit nehmen, bevor ich entscheide.

An der Wintergmeind vor zehn Tagen wurden Sie verabschiedet. Wie haben Sie Ihre letzte Gemeindeversammlung als Frau Gemeindeammann erlebt?

Alles war sehr emotional. Grosse Trauer und gleichzeitig auch eine grosse Freude – die Standing Ovations der Bevölkerung haben mich sehr berührt.

Sachlich gesehen wurde mir bestätigt, was ich seit ein paar Monaten erkannt habe: Die Qualität der Geschäfte stimmt nicht. Geplante Geschäfte konnten nicht gebracht werden oder wurden zurückgewiesen. Das ist ungewohnt für Neuenhof.

Leider wurde die grosse Arbeit, die Andreas Muff für die Region gemacht hat, bei seiner Verabschiedung aus meiner Sicht zu wenig gewürdigt. Dank seiner Vernetzung konnte er in Neuenhof und der Region sehr viel Positives bewirken. Er war Präsident der Sozialkommission und leitete die Arbeitsgruppen Kinder und Jugend und Analyse Altersarbeit Neuenhof. Er war Delegierter im Beratungszentrum Jugend/Sucht/Früherfassung und Vorstandsmitglied der Spitex. Zudem war er Mitglied der Steuerungsgruppen KIP (Kantonale Integrationsprogrogramme) und der Jugendarbeit Region Baden. Diese unterschiedlichen Traktanden wurden an verschiedenen Gemeindeversammlungen allesamt unterstützt. Im Januar wird er dem Gemeinderat den Bericht aus der Analyse Altersarbeit Neuenhof präsentieren. Ich bin sicher, dass dadurch in Neuenhof bezüglich Altersarbeit etwas bewirkt wird.

Was waren Ihre Höhepunkte in den acht Jahren als Frau Gemeindeammann?

Wenn ich erlebte, dass Menschen oder Gemeinden sich vernetzten, und dadurch etwas Gutes erreicht werden kann. Ein kleines Beispiel: das Zusammenstehen der finanzschwachen Gemeinden, das schliesslich zum Finanz- und Lastenausgleich führte. Dank diesem erhält Neuenhof 4,8 Millionen Franken, was bei uns rund 30 Steuerprozent entspricht. Oder auch die Inputs aus der Verwaltung: Simone Bürgler von der Kanzlei und die Einbürgerungskommission machten mich auf einige Schwachpunkt im Einbürgerungsgesetz aufmerksam. Ich konnte diese Hinweise im Grossen Rat einbringen und sie wurden aufgenommen. Bis auf eine Ausnahme, über die die Aargauer Bevölkerung am kommenden 9. Februar 2020 abstimmen wird. Schön war auch die Realisierung des Films «Ein schöner Tag» gegen Cybermobbing, der mit Schülern und einem Asylbewerber realisiert werden konnte. Und natürlich der Auftritt der Schule Neuenhof an der Olma sowie das Neuenhoferfest im Beisein vieler Menschen und von Freunden aus unserer Partnergemeinde Holzgerlingen. Persönlich haben mich die Geburtstagsbesuche der 100-Jährigen bewegt.

Welche Projekte sind Ihrer Meinung nach zukunftsweisend für Neuenhof?

Schöne Projekte für Neuenhof sind beispielsweise «Die längste Badi der Schweiz», die Sanierung der Holzbrücke zwischen Wettingen und Neuenhof oder die Landschaftsspange Sulperg Rüsler. Zukunftsweisend sind vor allem überregionale Projekte wie das regionale Gesamtverkehrskonzept Oase, die Velovorzugsroute oder die Limmattalbahn. Es ist wichtig, die Bevölkerung ins Boot zu holen. Wenn sie sich an den Mitwirkungsverfahren beim Kanton beteiligt, wäre es sinnvoll, dass sie ihre Eingabe auch dem Gemeinderat zustellen würde. Dann weiss auch er, was die Bevölkerung denkt und will.

Was wünschen Sie sich für die Neuenhofer?

Dass die Bevölkerung achtsam ist für Themen, die für Neuenhof zukunftsträchtig sind.

Und zum Schluss

... wünsche ich allen Leserinnen und Lesern der Limmatwelle eine wunderschöne, genussvolle Adventszeit sowie einen guten Rutsch ins 2020!

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