Elterntaxis: «Ein hartnäckiges Thema»

Vor einem Jahr hat Badenmobil eine Kampagne gegen Elterntaxis lanciert. Sie zeige Wirkung, so die Bilanz. Der Prozess, bis das Umdenken stattgefunden habe, sei aber lang.

Mit dem neuen Schuljahr sind auch Elterntaxis wieder vermehrt ein Thema an den Schulen.  CH Media/Archiv
Mit dem neuen Schuljahr sind auch Elterntaxis wieder vermehrt ein Thema an den Schulen. CH Media/Archiv

An den meisten Schulen sind sie ein immer wiederkehrendes Thema: die Elterntaxis: Also Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule fahren. Wie Taxis eben. Badenmobil ist dieser Service ein Dorn im Auge: Deshalb hat der Verband im Juni 2019 die Kampagne «Ich kann das» gestartet. Mit einem Comic und einem Leuchtorden soll sie Kinder dazu ermutigen, den Schulweg selbst unter die Füsse zu nehmen.  Im Comic ist ein Schulweg abgebildet. Den magnetische Leuchtorden verteilt der Verkehrspolizist nach dem Verkehrsunterricht. Die Kinder können ihn sich zum Beispiel an die Jacke oder das Kindergartentäschchen binden.

Am Montag hat das neue Schuljahr wieder angefangen. Die Kampagne läuft jetzt seit einem Jahr. Hat sie etwas gebracht? «Wir haben sehr gute Feedbacks von den Schulen und den Verkehrspolizisten erhalten. Viele Kinder sprechen darauf an. Sie freuen sich, wenn sie den Leuchtorden vom Verkehrspolizisten erhalten, und tragen ihn mit Stolz», sagt Karin Fleischer, die Leiterin des Mobilitätsprogramms von Badenmobil. Sie hatte die Kampagne vor einem Jahr lanciert. Zu Badenmobil gehören jene 26 Gemeinden, die auch dem Regionalverband Baden Regio angehören. Vonseiten der Gemeinden sei die Rückmeldung «mehrschichtig»: «Manche sagen, sie hätten viel weniger Elterntaxis. Andere bemerken keine Veränderung. Dritte berichten, bei ihnen gebe es das Problem gar nicht», so Fleischer. 

Die Gemeinde Würenlingen geht seit dem neuen Schuljahr noch einen Schritt weiter: Sie verbietet Elterntaxis. Das gab die «Aargauer Zeitung» vergangene Woche bekannt. Fleischer erachtet diese Massnahme nur dann als sinnvoll, wenn damit gefährliche Situationen im Strassenverkehr vermieden werden können oder sich die Eltern uneinsichtig zeigen. «Bei einem solchen Verbot muss die Polizei dann auch regelmässige Kontrollen durchführen», so Fleischer. Erfahrungsgemäss würden so die Elterntaxis etwas abnehmen. Kontrolliere die Polizei dann in der Folge wieder weniger, nähmen sie wieder zu.

«Wir möchten die Kinder mit der Kampagne ermutigen.»

Darum die Kampagne: «Die bisherigen Massnahmen von Gemeinden und Schulen richteten sich an die Eltern. Wir möchten die Kinder dazu ermutigen, dass sie den Schulweg alleine meistern können», so Fleischer. Wieso schaden Elterntaxis den Kindern denn? Dazu gibt es laut Fleischer verschiedene Studien: «Kinder, die zur Schule laufen, können den Weg dorthin genau zeichnen. Jene, die gefahren werden, nicht.» Laufende Kinder seien im Unterricht auch aktiver als die anderen. Zudem würden die Kinder auf dem Schulweg den Umgang mit anderen und dem Strassenverkehr lernen. Damit die Kampagne möglichst nachhaltig ist, richtet sie sich an neu eintretende Kindergärtler.

Wie klingt es vonseiten der Schulen? Andreas Bösch, Geschäftsleiter der Schule Wettingen, bestätigt das Problem: «Punktuell kann es vor Schulhäusern zu anspruchsvollen und gefährlichen Situationen für die Kinder kommen.» Auch Renate Baschek, Schulleiterin in Neuenhof, sagt: «Zum Glück wurde bis jetzt noch kein Schulkind im Zusammenhang mit den Elterntaxis verletzt, obwohl ich persönlich schon einige brenzlige Situationen beobachtet habe.» Beide Schulen würden an Elternabend und in -briefen auf das Problem aufmerksam machen. Das macht auch die Schule Würenlos: «Meist ist die Wirkung von kurzer Dauer. Zeigt die Polizei Präsenz, weichen die Eltern aus und fahren zum Beispiel um den Volg, was nicht weniger gefährlich ist», sagt Gesamtschulleiter Lukas Müller und ergänzt: «Der ganz grosse Teil der Kinder kommt aber zu Fuss. Oder ab der sechsten Klasse mit dem Fahrrad. Und hier plant die Schule, die Veloabstellplätze zahlenmässig auszubauen und zu überdachen.»
Die drei Gemeinden nehmen an der Badenmobil-Kampagne teil. Ob sie nützt, sei schwierig abzuschätzen, sagt Bösch: «Wir gehen davon aus, dass das hartnäckige Thematisieren der Problematik hilft, dass wir keine grösseren Probleme haben.» Auch Baschek findet die Kampagne gut: «Es geht um Mut und Selbstständigkeit, nicht um Verbote.»

In Killwangen sind Elterntaxis kein grosses Problem

In Killwangen stellen laut Schulleiter Urs Bolliger die Elterntaxis kein grosses Problem dar: «In Killwangen gibt es wie an jeder anderen Schule ebenfalls Eltern, welche die Kinder mit dem Auto zur Schule fahren. Allerdings sind das Ausnahmen. Die Schulwege sind ausnahmslos verhältnismässig kurz und gut zu Fuss zu absolvieren.» Die Schule Spreitenbach beantwortete die Anfrage der Limmatwelle nicht. 

Trotz Kampagne und partiellen Verboten: Karin Fleischer von Badenmobil sagt: «Es ein längerer Prozess, bis das Umdenken stattgefunden hat.» Von daher sei die Kampagne «Ich kann das» auch nicht auf ein oder zwei Jahre befristet. «Von den 26 Gemeinden, die letztes Jahr mitgemacht haben, sind auch heuer alle wieder mit dabei. Das zeigt, dass sie dahinterstehen.»

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