Wie Würenloser den Krieg erlebten

«Würenlos im Zweiten Weltkrieg» heisst das neue Jahresheft der Heimatkundlichen Vereinigung Furttal.

Die Autoren Karl Wiederkehr und Sonja Burmaci-Wiederkehr. Foto: zVg

Die Autoren Karl Wiederkehr und Sonja Burmaci-Wiederkehr. Foto: zVg

46. Mitteilungsblatt der Heimatkundlichen Vereinigung Furttal. Foto: Mü

46. Mitteilungsblatt der Heimatkundlichen Vereinigung Furttal. Foto: Mü

Sie sind heute 90 oder älter und waren während des Zweiten Weltkriegs Bezirksschüler, junge Lehrerin, Bäuerin, Zimmermann- oder Automechanikerlehrling. Karl Wiederkehr lässt sieben Jugendliche von damals, welche die Kriegszeit in Würenlos erlebten, in dem dieser Tage erscheinenden 46. Mitteilungsheft der Heimatkundlichen Vereinigung Furttal als Zeitzeugen zu Wort kommen: Franz Notter (Gemeinderat von 1988 bis 1995), Helene Schrutt-Siegrist (von 1936 bis zur Pensionierung Primarlehrerin in Würenlos), Anna Markwalder (gestorben 2012), Arnold Ernst, Hans Beerkircher, Robert und Selina Brunner-Lienberger. Ihnen allen gemeinsam sind die tief in die Erinnerung eingebrannten Erfahrungen und Ängste aus jener Zeit und die Bereitschaft, wie Wiederkehr feststellen konnte, das Erlebte der Nachwelt zu erhalten: Bilder von der Mobilmachung, der Verdunkelung, der Rationierung der Nahrungsmittel und von den vielen Soldaten im Dorf.

Die Nacht vom 14. auf den 15. Mai 1940, als man für 2 Uhr den Beginn der deutschen Offensive gegen die Schweiz befürchtete, war für die Zivilbevölkerung und die Soldaten gleichermassen von Angst und Spannung geprägt. Das geht nicht nur aus dem Erlebnisbericht des 21-jährigen Unteroffiziers Walter Handschin hervor, der in dieser Nacht mit seiner Mitrailleur-Gruppe die Maschinengewehrstellung in einem Obstkeller eines alten Bauernhauses an der Badenerstrasse zwischen Killwangen und Spreitenbach zu halten hatte. Auch die Schilderung von Helene Schrutt-Siegrist spricht Bände: «Als es im Mai 1940 hiess, die ‹Schwaben› kämen, gingen wir mit den Kleidern ins Bett.» Sie hatte eine Liste von 30 älteren Leuten und Kindern, die sie im Notfall auf Nebenwegen via Fislisbach Richtung Innerschweiz hätte bringen müssen. Und auch Robert Brunner-Lienberger erinnert sich ganz genau an jenen Frühling: Er musste bei seinem Lehrmeister (Zentralgarage Tiefenbacher in Dietikon) übernachten, damit er die Familie notfalls mitten in der Nacht zu deren Ferienhaus nach Flums hätte chauffieren können.

Wirtschaft und Gesellschaft in der Schweiz waren durch den Krieg stark betroffen. Er veränderte das Dorfleben. Auch in Würenlos: «Die Soldaten füllten schlagartig alle verfügbaren Lokale der betroffenen Regionen zwischen Limmat und Reuss», schreibt Wiederkehr. Als Gemeinde an der sogenannten Limmatstellung musste auch Würenlos Truppen beherbergen. Sie belegten unter anderem das Schulhaus und die Turnhalle (den heutigen Gmeindschäller). Das hatte auch Auswirkungen auf den Schulbetrieb, der bisweilen schichtweise aufrechterhalten beziehungsweise reduziert wurde (Fünftagewoche) oder ganz ausfiel (verlängerte Ferien). Ausserdem fehlten die dienstpflichtigen und von der Mobilmachung betroffenen Lehrer und während der Heizperioden mangelte es an Kohle.

Über die Thematik der Volksschule im Zweiten Weltkrieg hatte Wiederkehrs Tochter Sonja Burmaci-Wiederkehr an der Pädagogischen Hochschule eine Arbeit geschrieben. Dies sei, schreibt Wiederkehr im Vorwort, bei ihm der eigentliche Auslöser für die nun vorliegende 70-seitige Schrift gewesen. Er wollte aber anhand von Interviews mit Zeitzeugen noch mehr von den persönlichen Erlebnissen der Bevölkerung erfahren. Beide Ansätze sind jetzt vereinigt, ergänzt mit historischen Abrissen zur Bedrohungslage der Schweiz im Zweiten Weltkrieg und zur Limmatstellung. Die Publikation ist reich illustriert mit Fotos, Karten, Plänen und Dokumenten.

Buchvernissage: Alte Kirche, Schulstrasse 21, Würenlos, Sonntag, 15. Januar, 11 Uhr. Das neue Mitteilungsheft «Würenlos im Zweiten Weltkrieg kann an der Vernissage erworben werden. Es ist anschliessend auch auf der Gemeindekanzlei oder via Online-Schalter zum Preis von 20 Franken erhältlich.

Weitere Artikel zu «Würenlos», die sie interessieren könnten

Würenlos24.04.2024

Limmat hilft Reben und Winzern

Der Kälteeinbruch macht der Landwirtschaft zu schaffen. Die Winzer in Würenlos profitieren von der Lage und der Limmat.
Würenlos03.04.2024

Farbige und goldene Eier gefunden

Der Quartierverein Buech organisiert jedes Jahr einen Osterplausch. Zahlreiche Kinder und Jugendliche nahmen an der Ostereiersuche teil.
Würenlos20.03.2024

Mission von Gewerbe und Schule

Die Gewerbetreibenden wollen sich an der Schule für Berufslehren stark machen. Zudem suchen sie Lösungen, damit der «Christchindlimärt» weiterbestehen kann.…