Im Kinosaal zu Hause: Diese Frau hat jeden Blockbuster gesehen

Veronika Köpfli hat 36 Jahre in den Sterk Kinos gearbeitet. Die Arbeit gefiel ihr bis zum Schluss, obwohl nicht alles positiv war.

Veronika Köpfli hat in den 80er-Jahren in den Sterk Kinos angefangen; viel hat sich seither verändert. Barbara Scherer
Veronika Köpfli hat in den 80er-Jahren in den Sterk Kinos angefangen; viel hat sich seither verändert. Barbara Scherer

Noch sind die Kinositze leer. Die erste Vorstellung beginnt in einer Stunde. Hinter den Glasscheiben der Kinokassen im Trafo Baden nehmen zwei Kassiererinnen Platz. Das war der Arbeitsplatz von Veronika Köpfli. 36 Jahre hat die geborene Wettingerin in den Sterk Kinos gearbeitet. Ende Oktober hatte sie ihren letzten Arbeitstag.

«Ich bin immer gerne ins Kino gegangen und mir hat die Arbeit einfach Spass gemacht», sagt Köpfli. Die 66-Jährige hatte früh Kinder und suchte deshalb Arbeit, der sie abends nachgehen konnte.

So bewarb sie sich 1981 beim ehemaligen Kino Linde in Baden. Sofort konnte sie als Kassenaushilfe einsteigen. «Das Kino zeigte damals die grossen Blockbuster, es war eine tolle Zeit.»

An der Premiere des Science-Fiction-Films E.T. arbeitete Knöpfli alleine an der Kasse der «Linde». «Plötzlich standen da mehrere Hundert Leute vor dem Kino und alle wollten den Film sehen.» Damals habe es noch kein Computersystem gegeben. Von Hand zählte die Kassiererin die Tickets ab. Köpfli: «Immer wieder musste ich die Platzanweiser fragen, ob noch Leute Platz haben.»

Köpfli streicht sich die kinnlangen Haare hinters Ohr. Ihr Blick wandert über die schwarzen Brillenränder und sie lächelt: Ja, die «Linde» sei ihr Lieblingskino gewesen. Ein Saal, 500 Plätze. Einzig die Raucherlounge vermisst die Nichtraucherin nicht. «Damals konnten die Gäste noch im Foyer rauchen. Wir wurden regelmässig eingenebelt.»

Mit Rambo kam die Polizei

Doch nicht alle Erinnerungen an das Kino Linde sind positiv: «Einmal mussten wir die Polizei rufen. Es lief der Actionfilm ‹Rambo› und wir hatten keine Tickets mehr, da rasteten die Gäste aus.» Sie schlossen die Kinokassen und riefen die Polizei. Diese musste den tobenden Mob aus dem Kino weisen.

Dabei zeigte das alte Kino alle Filme in Originalsprache. Das sei normal gewesen. Heute würden sich viele Leute synchronisierte Versionen wünschen. «Ich weiss nicht wieso, vielleicht wollen die Besucher keine Untertitel mehr lesen.» Knöpfli schüttelt den Kopf. Sie überschlägt die Beine und faltet die Hände auf den Knien. Dann lichtet sich ihr Blick: «Aber wir hatten immer wieder Gäste aus Deutschland, die für die Originalfassungen angereist sind.»

In all den Jahren hinter der Kinokasse hat die frischgebackene Rentnerin eine gute Menschenkenntnis entwickelt. Köpfli schmunzelt und lehnt sich nach vorne: Zu 90 Prozent könne sie erraten, welchen Film jemand im Kino schaut. Der Kontakt zu den Kunden sei es, was ihr an dem Beruf besonders gefallen habe. «Ich hatte viele lustige und interessante Gespräche.»

Auch das Alter der Gäste könne sie gut einschätzen. «Ich hatte so viele Diskussionen mit Jugendlichen.» Köpfli zieht die Augenbraue hoch; sie erkenne jeden gefälschten Ausweis. Ihr Blick wird melancholisch: Sie werde die Arbeit und das Team schon vermissen. Doch dank ihren vielen Dienstjahren darf die Filmliebhaberin weiterhin gratis ins Kino. Köpfli: «Jetzt komme ich sicher auch mehr dazu.»

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