«Das Buch wird nie verschwinden»

Im März 2015 hat Susanne Keller die Leitung der Gemeindebibliothek übernommen. Sie setzt neben der Ausleihe auf Anlässe und Integrationsarbeit.

Susanne Keller hat die Bibliotheksleitung Ende März 2015 übernommen. Sie will künftig die Zusammenarbeit mit Schulen und Kindergärten stärken. Foto: se
Susanne Keller hat die Bibliotheksleitung Ende März 2015 übernommen. Sie will künftig die Zusammenarbeit mit Schulen und Kindergärten stärken. Foto: se

«Die Bibliothek ist nicht mehr nur ein Ort, an dem man Bücher ausleiht und sie wieder zurückbringt. Die Bibliothek ist ein Aufenthaltsort und Treffpunkt, an dem man Zeitungen lesen oder Kaffee trinken kann», beschreibt Susanne Keller den Sinn und Zweck der Gemeindebibliothek Wettingen. Ende März hat die 29-Jährige die Nachfolge von Marie-Madeleine Stöckli, die sich nach 25 Jahren im Dienste der Bibliothek vorzeitig pensionieren liess, angetreten.

Die gelernte Buchhändlerin hat im vergangenen Jahr das berufsbegleitende Bachelor-Studium in Informationswissenschaft abgeschlossen und übernimmt als neue Bibliotheksleiterin zum ersten Mal eine Leitungsfunktion. Neben administrativen Aufgaben, der Koordination von Veranstaltungen und der Betreuung der Website ist es Keller ein Anliegen, zwei bis drei Mal pro Woche in der Ausleihe mitzuarbeiten, um ins Gespräch mit den Benutzern zu kommen und zu sehen, wer in der Bibliothek ein und aus geht.

Die Gemeindebibliothek zählt 1500 aktive Benutzer. Mit einer Jahreskarte für Erwachsene für 20 Franken im Jahr können 33000 Bücher, Comics, Musik-CDs, Hörbücher, Filme, Karten, Zeitungen, Zeitschriften, Konsolenspiele ausgeliehen und eMedien runtergeladen werden. Das Angebot werde vor allem von Wettinger Familien mit Kindern genutzt, so Keller. Gerne möchte die Bibliothek bildungsfremde Menschen ansprechen. Die Kindergärten spielen dabei eine wichtige Rolle. Abholen könne man durch Besuche im Kindergarten nicht nur die Kinder, sondern auch ihre Eltern. «Aus diesem Grund möchte die Bibliothek zukünftig vermehrt mit Kindergärten und Schulen zusammenarbeiten», sagt Keller. Bereits 30 Klassen samt Lehrpersonen hätten dieses Jahr selbst den Weg in die Bibliothek gefunden und nach Literatur gesucht.

Viel Wert legt die in Winterthur wohnhafte Bibliotheksleiterin auch auf die Pluralität der Sprache. In der Gemeindebibliothek ist eine Auswahl an fremdsprachigen Büchern, insbesondere zwei- oder mehrsprachigen Kinderbüchern beispielsweise in Portugiesisch, Albanisch, Serbisch oder Tamilisch erhältlich. «Es ist wichtig, dass Eltern die Möglichkeit haben, ihren Kindern in der Muttersprache etwas vorzulesen und sie so mit Büchern vertraut machen», sagt Keller. Daher lädt die Bibliothek zur wiederkehrenden Veranstaltung mit dem Motto «Schenk mir eine Geschichte» ein. Die Veranstaltungsreihe befasst sich seit vergangenem August mit der albanischen Sprache. Eltern mit albanischen Wurzeln können an dem einmal monatlich stattfindenden Event mit ihren Kleinkindern die Welt der Bücher entdecken und sie so für den Kindergarten und die Schule vorbereiten.

Zu einem anderen beliebten Kinderprojekt der Bibliothek gehören die Kamishibai-Geschichten. Das japanische Bildtheater in Form eines aufklappbaren Koffers eignet sich für Kinder ab drei Jahren. Bibliotheksmitarbeiter haben den Kamishibai-Koffer in acht Wettinger Kindergärten vorgestellt. «Es ist schön, die leuchtenden Kinderaugen zu sehen. Es zeigt, dass unser Projekt gut ankommt», freut sich die gebürtige Sankt Gallerin. Ziel der Anlässe sei es, Leute in die Bibliothek zu holen, die vorher noch nie einen Fuss hineingesetzt hätten.

Daneben bietet die Bibliothek Schulen und Kindergärten Führungen durch ihre Räumlichkeiten an. Neu ab diesem Herbst finden jeweils mittwochs zwischen 17 und 19 Uhr und an ausgewählten Samstagen Sprechstunden für elektronische Medien wie eBooks und Tablets statt, an denen die Benutzer Hilfestellungen erhalten.

Besteht Grund zur Sorge, dass im Zeitalter von Musikhördiensten wie «Spotify» oder Film- und Serienanbieter wie «Netflix» die Bibliothek immer weniger genutzt wird? Die Entwicklung müsste im Auge behalten werden. Solche Anbieter seien eine ernstzunehmende Konkurrenz, ist sich Keller gewiss. Wie steht es denn mit dem Buch in physischer Form? Trotz eReader und eBooks ist sie überzeugt, dass das Buch nie ganz verschwinden werde. «Ein Buch in die Hand zu nehmen, ist für die Entwicklung eines Kindes von enormer Bedeutung. Zudem spielt das Buch in der Schule eine wichtige Rolle», findet Keller, deren momentane Lieblingslektüre das Buch «Freiheit» von Jonathan Franzen ist. Ein Rückgang der Ausleihen ist im Vergleich zu 2014 nicht festzustellen. Da sich die Bibliotheksleiterin der Problematik jedoch bewusst ist, setzt sie auf weitere Standbeine als nur die Ausleihe. «Wir wollen Anlässe fördern und veranstalten und Integrationsarbeit leisten.» In Zukunft will Keller zudem gemeinsam mit ihrem Team vermehrt Projekte auf die Beine stellen und Ideen erarbeiten. «Auf diese Aufgaben freue ich mich.»

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