Spitex-Vereine wissen: «Wir müssen attraktiv bleiben»

Rund ein Jahr ist es her, seit in Spreitenbach und Killwangen die Stimmbürger eine Neuorganisation der Spitex in einer gemeinnützigen AG ablehnten und die Spitex-Vereine von Wettingen und Neuenhof fusionierten, während die Würenloser am Alleingang festhalten. Wie läuft es heute?

Spitex-Dienste sind aus der Gesundheitsversorgung nicht mehr wegzudenken. Wie viele andere Menschen ist auch F.T. aus Spreitenbach darauf angewiesen. Der 96-jährige ehemalige BBC-Direktor und Professor an der Hochschule St. Gallen schätzt die Hilfe von Anita Irniger, Pflegefachfrau und stellvertretende Leiterin der Spitex Spreitenbach-Killwangen, hoch. Sie und ihre Kolleginnen sorgen zweimal täglich für seine Pflege. «Auch als ich im Spital war, wurde ich gut betreut, aber die Spitex leistet mehr – hier kann ich daheim sein, das ist schon ein Unterschied», sagt er, der mit seiner Frau in einer grosszügigen Wohnung lebt. Von dieser ihm vertrauten Umgebung mit den eigenen Möbeln, den eigenen Bildern, den eigenen Büchern möchte er nicht mehr weg.

Diese Wertschätzung ist wiederum Motivation für die Spitex-Vereine: «Wir sind glücklich darüber, dass die Spitex im Dorf einen hervorragenden Ruf geniesst», sagt der Würenloser Gemeinderat und Spitex-Präsident Nico Kunz. Auch Heidi Sami, Präsidentin der Spitex Spreitenbach-Killwangen, betont: «Wir erhalten regelmässig ein gutes Feedback.» Und Doris Stump, Präsidentin der Spitex Wettingen-Neuenhof, sagt: «Erfreulich ist die grosse Wertschätzung, die wir von Klientinnen und Klienten erleben.» Die drei sind sich einig: In ihrer örtlichen Spitex läuft es «sehr gut».

Doch auch die Spitex steht nicht still in einem sich ständig verändernden Umfeld. Spreitenbach-Killwangen ist laut Sami gerade dabei, die Leistungsvereinbarung zu überarbeiten: «Handlungsbedarf sehen wir bei Angeboten, welche die privaten Spitex-Anbieter anbieten, wir aber bis anhin aus Kostengründen nicht angeboten haben. Wir müssen attraktiv bleiben – trotz Kostendruck.» Es gebe vonseiten des Gesundheitsdepartements, des Spitex-Verbandes und der Krankenkassen immer mehr Auflagen, die möglichst kostengünstig umgesetzt werden müssten.

Nicht kassenpflichtige Leistungen würden zwar angeboten und nach Möglichkeit über die Zusatzversicherung der Klienten verrechnet; man verweise aber bei längerfristigen Einsätzen an die Pro Senectute: «Da immer mehr Menschen vereinsamen oder einfach nur Kontakt brauchen, ver-suchen wir, einen Freiwilligen-dienst aufzubauen», sagt Sami, «wir sind hier aber noch am Anfang.»

Hauswirtschaft und Mahlzeitendienst sind nicht kassenpflichtig. Wettingen-Neuenhof erbringt den Mahlzeitendienst laut Stump kostendeckend, die Hauswirtschaft werde gemäss SpitexLeitbild des Kantons Aargau von der Gemeinde mitfinanziert. «Nicht anbieten können wir Betreuung und Nachtwachen», erklärt Stump, «da diese Angebote nicht in unserem Leistungsauftrag enthalten sind.» Nach der Fusion der beiden Spitex-Vereine von Neuenhof und Wettingen werden jetzt die Statuten angepasst. Stump: «Auf der Ebene der Organisation müssen wir neu die Palliative Care sicherstellen, nachdem die Onko-Spitex der Krebsliga Aargau weggefallen ist.»

In Würenlos steht 2017 ein Präsidentenwechsel an: «Ich werde nach sechsjähriger Tätigkeit mein Amt zur Verfügung stellen», gibt Kunz bekannt. Ausserdem sei es für die strategische Ebene wichtig, dass das Projekt Alterszentrum weiter vorangetrieben werde. Darin ist für die Spitex ein fester Platz eingeplant.»

Eine Sorge plagt die Verantwortlichen: die Personalfrage. Sami: «Geeignetes Pflegepersonal zu finden, ist seit Jahren eine grosse Herausforderung.» Ähnlich tönt es aus Wettingen: «Sorge macht uns der Mangel an Pflegefachpersonen», sagt Stump. Und auch für Kunz ist die stetige Personalentwicklung eine zentrale Aufgabe: «Auch künftig wollen wir gute Leute für die Spitex Würenlos gewinnen respektive die guten Mitarbeiterinnen, welche wir zurzeit beschäftigen, behalten.»

Die drei Spitex-Organisationen sind mehr als bloss kleine Unternehmen: Als grösste von den dreien beschäftigt Wettingen-Neuenhof rund 50 Mitarbeitende. Stösst da das Vereinssystem nicht an Grenzen? Nein, meint Stump: «Die Form der Trägerschaft ist nicht entscheidend; wichtig sind die richtigen, professionell handelnden Personen in der Geschäftsleitung sowie im Vereinsvorstand.» Kunz ist überzeugt, dass die Spitex Würenlos personell sehr gut aufgestellt ist. Sie sei durch die eingesetzte Geschäftsführung auch im «Vereinsmodell» sehr gut geführt: «Der Vorstand beschränkt sich ganz klar auf die strategische Ausrichtung sowie auf das Lobbying in der Bevölkerung und in der Politik.» Ins operative Tagesgeschäft mische sich der Vorstand nicht ein. Das gilt auch für die Spitex Spreitenbach-Killwangen. Sami erklärt: «Obwohl es Situationen gibt, bei welchen Profis nützlich wären, sind wir überzeugt, dass ein engagierter, für Neues offener Vorstand die Aufgaben genauso gut bewältigen kann. Eine gute Zusammenarbeit im operativen sowie strategischen Bereich ist jedoch Voraussetzung.»

Wie sieht die Spitex-Zukunft im Limmattal aus? Sami kann sich ein vermehrtes Miteinander unter den Spitex-Organisationen vorstellen: «Eventuell ein Personalpool zusammen mit andern Erbringern von Dienstleistungen im Pflegebereich.» Auch für Stump ist ein Miteinander möglich: «Der Spitex-Verein Wettingen-Neuenhof ist weiterhin offen für Kooperationen mit andern Spitex-Organisationen, nicht nur im Limmattal.»

Seitens Würenlos sieht Kunz die Zukunft zusammen mit dem in Planung befindenden Alterszentrum: «Ich denke, durch eine Integration der Spitex in ein Alterszentrum können Synergien, vor allem bei der Administration und in der Personalplanung, gefunden werden.» Er macht keinen Hehl daraus, dass er im Fall Würenlos «mit einer solch gut aufgestellten Spitex» kein Freund einer Gross-Spitex ist: «Ob eine solche Spitex für die Gemeinde Würenlos kostengünstiger wäre, das müsste zuerst einmal klar berechnet und bewiesen werden. Andere Gedanken würde ich mir machen, wenn unsere Spitex keine so hervorragende Führung hätte.»

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