Ein Aktenschrank im Kopf

44 Jahre lang hat Bauverwalter Peter Richiger das Neuenhofer Dorfbild mitgeprägt. Jetzt geht er in Pension.

Das Bauverwalter-Büro hat Peter Richiger bereits einige Zeit vor seinem letzten Arbeitstag am Montag seinem Nachfolger und bisherigen Stellvertreter Manuel Heiniger überlassen. Er selbst hat sich an einem Tisch in einer Ecke des Grossraumbüros neu eingerichtet. Er wird nämlich auch nach der Pensionierung noch stundenweise für die Gemeinde tätig sein und die Schulprojekte zu Ende führen, die neue Bau- und Nutzungsordnung (BNO) bis zum Abschluss der Einwendungsverhandlungen begleiten und den Gestaltungsplan bei der Garage Stocker als Mandat übernehmen.

Der Kreis schliesst sich mit den Schulbauten: Peter Richiger hatte seinen ersten Arbeitstag, als die Bagger mit dem Aushub fürs Schulhaus Zentrum begannen. Das war am 1. Juni 1972. Im ganzen Gemeindehaus gab es gerade mal einen Fotokopierer. Es war die Zeit, in der der gelernte Hochbauzeichner gelegentlich noch selbst ans Zeichenbrett stand, um fehlerhaften Baueingaben den korrekten Strich zu verpassen. «Aber ich habe bald gemerkt, dass hier noch andere Fähigkeiten gefragt sind», erzählt Richiger. Er besuchte kaufmännische Abendkurse, wurde 1981 zum stellvertretenden Bauverwalter und 2007 zum Bauverwalter befördert.

«Bauverwalter kann man nicht lernen, das muss man erarbeiten und erleben», sagt Richiger. Nach dem Abschluss der Bauverwal-terschule habe man gerade mal die «Kindergarten-Stufe» erreicht. Dann müsse man sich die Materie erarbeiten. Er, der in Neuenhof aufgewachsen ist, kennt natürlich jeden Winkel im Dorf. «Nach all den Jahren ist mein Hirn heute ein Aktenschrank», sagt er.

Darin gibt es auch ein paar Ordner von unliebsamem Inhalt. Der Gemeindesaal etwa, der 1986 in der Volksabstimmung bachab geschickt wurde. «Das war eine grosse Enttäuschung», so Richiger. Oder 2010 die gescheiterte Gemeindefusion mit Baden. Dabei hatte er sich schon darauf eingestellt, dass er es in den letzten Berufsjahren etwas ruhiger haben würde: in einer Stabsstelle der von Baden aus geführten Abteilung Planung und Bau, als Quartierentwickler Neuenhof. Aber jetzt ging es nochmals von vorne los: «Es war eine neue Lage, wir nahmen neuen Anlauf», blickt Richiger zurück. Was in den letzten zehn Jahren alles auf ihn zukam, war mehr als zuvor: Strategie «Vorwärts», BNO, Schulbauten, Gestaltungspläne und Arealüberbauungen mit 350 Wohnungen und etwa 20 Strassenbauprojekte.

Dabei war vorher schon viel los. Insgesamt sind rund 3200 Baubewilligungen über Richigers Pult gegangen. Von den heute 4300 Wohnungen ist fast die Hälfte während seiner Berufstätigkeit entstanden. Kam hinzu, dass alles, «was in der Verwaltung nicht eindeutig zugeteilt werden konnte, auf der Bauverwaltung landete», berichtet Richiger. So war er bisweilen auch «Eventmanager». Etwa 2003 beim Baregg-Fest, mit Empfang von Bundesrat Moritz Leuenberger und Konzert von Sarah Connor sowie Pepe Lienhard und Swiss Army Bigband mit 2500 Zuhörern.

Die Vielfalt seiner Tätigkeit gefiel ihm. «Jeder Tag war wieder anders», sagt er, «40 Jahre auf einer anderen Verwaltung der Gemeinde hätte ich mir nicht vorstellen können.» Er habe immer die Visionen gesucht, sagt Richiger. So wurde explizit angestrebt, die Quartiere wie «im Quer», Bifangpark, Sandstrasse, Kreuzsteinwiese etc. gesamtheitlich zu entwickeln. Einer seiner letzten «Leuchttürme», ein Hotel, entsteht seit ein paar Wochen beim ehemaligen Club «Mirage» beim Autobahnanschluss: nach achtjähriger Planung!

Fast beiläufig erwähnt Richiger noch, dass es in seinen zehn Bauverwalter-Jahren keine einzige Beschwerde gegen einen Behördenentscheid gab: «Ich brauchte nie einen Anwalt.» Sein Rezept: Er wollte keine fertigen Bauprojekte vorgelegt bekommen, sondern diese gemeinsam mit allen Beteiligten entwickeln. Peter Richiger hat den Bauverwalter gelebt.

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